Anomalie oder Pionierinnen?
Der Erfolg des Turniers war überragend. Die Fussballerinnen erfüllten und übertrafen ihre Vorreiterrolle. Sie wurden wie Superstars bejubelt und die Nation feuerte sie an. Mädchen wie Jungen trugen Mia Hamms Namen auf ihrem Rücken und rot-blau-weisse Zeichnungen im Gesicht. Vaterlandstolz und Bewunderung für die Sportlerinnen rückten spürbar in den Vordergrund, das Geschlecht der Akteurinnen in den Hintergrund. Das war zu dieser Zeit keineswegs selbstverständlich.
«Wir wollten gewinnen und wir wollten attraktiv gewinnen. Wir verkauften unser Spiel», erklärte Stürmerin Mia Hamm ihren Blick über die WM 1999 hinaus. Und tatsächlich kreierten die Amerikanerinnen mit ihren zehn Dollar Taschengeld pro Tag eine Zukunft für die nächsten Generationen.
Während die Föderation nach dem Finaltag ein Häkchen hinter das Projekt «WM ‘99» setzte, ging es in den Köpfen der Fussballerinnen weiter. Sie organisierten – aufgrund eines finanziellen Streits mit dem Verband – auf eigene Faust eine Siegestour durch die USA. Die Verbundenheit zur Fangemeinschaft und das Momentum der Popularität sollten langfristig aufrechterhalten werden.
Also folgte 2001 der Anpfiff zur ersten professionellen US-Frauenliga. Doch nach drei Saisons war wieder Schluss. 2007 wiederholte sich dieselbe Geschichte. Trotz des kommerziellen Triumphs der WM fehlten das Publikum und ein breiter Pool an Talenten. Erst der dritte, mit mehr Planung und Geld ausgestattete Versuch im Jahr 2012 gelang. Die National Women’s Super League (NWSL) ist bis heute ein gewinnbringendes Konstrukt.
Ein Katalysator von und für das Nationalteam
Als es bei der Liga haperte, blieb das Nationalteam weitgehend auf der Siegesspur. Nach den «99ers», dem Siegerteam von 1999, rückte die nächste, goldene Generation nach. Und danach folgte eine weitere.
«Wir wollten den jungen Mädchen, die auf dem Hausplatz in unseren Trikots Fussball spielen, zeigen: ‹Ihr könnt alles tun, was ihr wollt›», sagen die «99ers» über ihr geschichtsträchtiges Vermächtnis. «Für die Jungen ist jetzt nicht mehr die Frage ob, sondern wann.»
Filmtipp: «Copa 71»
Wer noch tiefer ins Thema eintauchen möchte, erhält Gelegenheit dazu: Bald erscheint mit «Copa 71» ein Dokumentarfilm über die längst vergessene, inoffizielle Frauen-Weltmeisterschaft in Mexiko. Über 110’000 Fans wohnten dem Turnier 1971 bei – während die Schweiz gerade für Frauen die Urnen öffnete. Der Film feiert am 8. März 2024, dem internationalen Frauentag, Premiere.