Als Lia Wälti 2013 zu Turbine Potsdam stiess, war das Team zum vierten Mal in Folge Deutscher Meister geworden und sein zweiter Champions-League-Titel (UWCL) lag erst drei Jahre zurück. Da steckte der Frauenfussball noch in den Kinderschuhen.
2018 tauchte Wälti in die Welt von Arsenal und der englischen Liga ein, dem heutigen Epizentrum des Frauenfussballs. Seither erlebte sie dort den unaufhaltsamen Aufstieg des Sports hautnah mit.
Im Podcast «Team Lisa» lässt die Kapitänin der Schweizer Nati ihre zehnjährige Auslandserfahrung sprechen und nennt die Faktoren, warum sich England vom Rest der Fussballwelt – konkret im Vergleich mit dem deutschen Verein Turbine Potsdam – abhebt.
Im Profiumfeld dank Technik
Mittlerweile tummelt sich der reine Frauenverein Potsdam in der zweiten Stärkeklasse, zu Wältis Zeit war er noch in der engeren Spitze der Bundesliga. Und dennoch war am Anfang von Professionalität nichts zu sehen. Weder GPS-Tracking noch Brustgurt gehörte zur Ausrüstung. Gepusht durch die Clubs rundherum, entwickelte sich Potsdam weiter. «Es wurde schon professioneller, wir arbeiteten mit GPS und im Regenerationsbereich», sagt Wälti.
So sei Deutschland im Jahr von Wältis Wechsel auf die Insel in einigen Punkten gleichauf gewesen, aber: «Es ging in England so schnell vorwärts.» Mit einem klaren Plan, wohin man will, kam Arsenal von 12 auf mehr als 25 Staffmitglieder heute, setzt auf drei statt einen Athletiktrainer.
Auf 16 Feldern absolvieren Arsenals Spielerinnen akribisch geplantes und auf exakte Laufmeter gesteuertes Training. «Wir sind jetzt so weit, dass die Athletiktrainer mit dem iPad auf dem Trainingsplatz stehen und dem Trainer auch einmal sagen: ‹Jetzt sind die Mädels genug gerannt.› Und dann ist die Einheit vorbei.»
Lia Wälti lief fünf Jahre in Potsdams Farben auf. In dieser Zeit ohne die heutigen Spielübertragungen, Berichterstattungen und (fast) ohne Social Media fiel es nicht nur den Fans schwer, verschiedene Ligen zu verfolgen: «Ich hatte kaum die Möglichkeit, über die eigene Liga hinauszusehen. Umgekehrt kannten auch die Engländerinnen die halbe deutsche Liga nicht.»
England ist eine Fussballnation
Dass der Fussball im Mutterland des Fussballs so ist, wie er ist, ist dem Mutterland des Fussballs selbst massgeblich zuzuschreiben. Die englische Kultur bot und bietet eine optimale Umgebung, sodass dieser Sport sich entfalten kann. Darum sagt Wälti: «Mit anderen Ländern kann und darf man die Situation nicht vergleichen.»
Für den Nicht-Briten ist schwer nachvollziehbar, dass Fussball einen Stellenwert hat wie sonst nichts im Land. Wälti erlebt das in ihrer Wahlheimat so: «Wenn man hier durch die Stadt läuft, ist fast jede Person Fan von irgendeinem Fussballverein. Und zwar, seit die klein sind – damit wachsen sie auf.»
Wenn man also die englische Methode in Deutschland oder in der Schweiz kopieren würde, wäre das Ausmass niemals so gross, ist die 30-Jährige überzeugt. Schliesslich teilt sich der Fussball hierzulande Bühne und Wichtigkeit mit vielen anderen Sportarten.