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Gast-Kommentar
Stadt St.Gallen
13.02.2023
23.02.2023 10:48 Uhr

Was die Zürcher Kantonsratswahlen für St.Gallen bedeuten

Bild: zVg
Am Wochenende wurde in Zürich gewählt. Der St.Galler Polit-Experte Bruno Eberle hat diese Ergebnisse verfolgt und analysiert – mit Ausblick auf die Wahlen in St.Gallen und den Bundesratswahlen Ende Jahr.

Die Kantonsratswahlen im Kanton Zürich sind immer wichtig. Einmal ist Zürich das Wirtschaftszentrum der Schweiz. Fast 20 Prozent der Stimmberechtigten wohnen im Kanton. Der Kanton hat sehr städtische, aber auch sehr ländliche Regionen. Und vor allem, diese Wahlen sind etwas mehr als ein halbes Jahr vor den nationalen Wahlen in der Schweiz. Viele Gründe für die politische Schweiz, sehr genau darauf zu schauen.

Die Vorschauen und Prognosen haben gesagt, dass SP und Grüne verlieren werden. Die SVP halten, die GLP, Mitte und FDP eher leicht zulegen werden. Das sind spezielle Prognosen, weil man meist davon ausgeht, dass Verschiebungen im gleichen Lager passieren. Also innerhalb Mitte/links oder Mitte/rechts. Da durfte man also sehr gespannt sein. Speziell für Wahlstrategen, für die jedes gewonnene oder verlorene Zehntelsprozent Glück oder Unglück bedeuten. Und was ist an diesem Sonntag herausgekommen?

Ein durchaus staunenswertes Ergebnis und zwar ein Ergebnis von Stabilität und Kontinuität.

Die Gewinne und Verluste sind meist im Bereich von so ca. 0,2 %. Die grösseren Verschiebungen schauen wir uns genauer an. Die Mitte, ehemals CVP, gewinnt 1,7 %. Ein sehr gutes Ergebnis? Nicht so toll wenn man weiss, dass die BDP 1.53 % in die Ehe eingebracht hat. Aber bei der BDP ergaben sie keine Mandate, bei der Mitte schauten 3 neue Mandate heraus. Die Grünen verloren 1,5 Prozente und 3 Mandate, ohne dass die SP davon profitieren konnte. Der linke Konkurrent der SP, die Alternative Liste, verlor auch 0,5 % und ein Mandat.

Und jetzt kommt die spezielle Pointe. SP und GLP blieben wähleranteilsmässig fast genau gleich, gewannen aber je einen Sitz. Warum dies, wo doch das Wahlsystem «Doppelter Pukelsheim» wirklich das gerechteste Wahlsystem ist?

Ironischerweise liegt es bei den Corona-Massnahmenkritikern.

Diese haben einen Wähleranteil von 2,1 % gemacht, was zu drei Mandaten gereicht hätte. Aber das Zürcher Wahlsystem verlangt, dass jede Liste in einem Wahlkreis einen Wähleranteil von 5 % schafft. Hat die Liste «Aufrecht/Freie Liste» nicht geschafft und deswegen bekam die SP und GLP sozusagen gratis ein Mandat dazu.

Was bedeutet dies nun für den Kanton St.Gallen und die Bundesratswahlen im Herbst?

Im Kanton St.Gallen wird alles beim alten bleiben.

Es wäre theoretisch möglich gewesen, dass ein Nationalratssitz von der SP zu den Grünen geht. Das wird nicht geschehen.

Bei den Bundesratswahlen wäre bei einem Zuwachs der Grünen der Druck auf die SP und die FDP grösser geworden, einen Sitz an die Grünen und allenfalls an die GLP abzugeben. Nun werden alle sagen, dass sich diese erst bestätigen müssen. Auch bei der parteipolitischen Zusammensetzung im Bundesrat wird alles beim alten bleiben.

Bruno Eberle war 16 Jahre lang Mitglied des St.Galler Stadtparlaments (1984–2000, LdU). Er beobachtet und kommentiert Politik, insbesondere Wahlen, seit bald 50 Jahren.

Bruno Eberle
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