Erwähnt werden muss in diesem Zusammenhang auch das Kapitel «Zur Lehre von der Unzerstörbarkeit unseres wahren Wesens durch den Tod» in den «Parerga und Paralipomena». Ich habe eine kleine Anthologie «Über den Tod, Gedanken und Einsichten über letzte Dinge» geschrieben.
Für Arthur Schopenhauer ist es «das Wissen um den Tod, und neben diesem die Betrachtung des Leidens und der Noth des Lebens, was den stärksten Anstoß zum philosophischen Besinnen und zu metaphysischen Auslegungen der Welt giebt». Nach Wilhelm Gwinner schien Schopenhauer die gefährlichste Periode des höheren Alters «die ersten siebziger Jahre zu sein; wenn diese glücklich überschritten wären, würden die nächsten zehn leichter erlebt». Da nun die ersten achtzig Jahre glücklich vorübergegangen sind und der Tod das «eigentliche Resultat und insofern Zweck des Lebens» ist und wir unser Leben ansehen sollten «als ein vom Tode erhaltenes Darlehn», kann es nicht schaden, sich mit ihm eingehender zu befassen. Dabei geht es nicht darum, «über die Zeit, da man nicht mehr seyn wird, zu trauern», weil dies ebenso absurd wäre, wie wenn man über die Zeit klagen würde, «da man noch nicht gewesen» ist. «Wir haben demnach nicht nach der Vergangenheit vor dem Leben, noch nach der Zukunft nach dem Tode zu forschen: vielmehr haben wir [...] die Gegenwart zu erkennen.»
Und da möchte ich daran erinnern, was ich bezüglich «Zukunft nach dem Tode» im Zusammenhang mit Kant geschrieben habe. Es gilt, durch Nach-Denken von Schopenhauers Gedanken über das Sterben und den Tod sowie durch eigenes Nachdenken sich ein Bild zu zeichnen von Sterben und Tod, um so vielleicht dereinst dem Tode ruhiger entgegengehen zu können. Dabei muss man sich bewusst sein, dass eine Beschäftigung mit dem Tod bei der gegenwärtigen Mentalität unserer Gesellschaft selbst im hohen Alter von achtzig Jahren eher ungewöhnlich sein dürfte – obwohl über den Tod noch nie soviel geredet und geschrieben wurde wie heutzutage. (Bezeichnenderweise befasst sich ein grosser Teil dieser «Sterbe- und Todesliteratur» mit dem «Leben» nach dem Tode – worüber auch manches zu sagen wäre!)