Stephan Ziegler hat in einem Kommentar auf stgallen24.ch angefragt, welche Meinung die Leserschaft zu Sparpotenzialen bei der Stadt St.Gallen hat. Gerne möchte ich die Gelegenheit nutzen, einige Anmerkungen zu teilen:
1. Gewaltentrennung
Wenn Stadtparlamentsmitglieder ihren Lohn von der öffentlichen Hand beziehen, wäre ich sehr dafür, dass sie in den Ausstand treten bei allen Fragen zu Lohnerhöhung, Teuerungsausgleich, Stellenausbau usw. Politische Entscheide müssen unabhängig getroffen werden.
Staatspersonal sollte darum bei solchen Fragen generell in den Ausstand treten – auch jene, die beim Kanton oder anderen Gemeinden angestellt sind. Die bestehenden Ausstandsregeln (https://st.gallen.tlex.ch/app/de/texts_of_law/151.1 / Art 25) sind nicht ausreichend dafür und müssten ausgeweitet werden.
2. Steuersenkung unter Bedingungen
Ich denke nicht, dass man die Stadt durch Entzug der Mittel zum Sparen bringt. Hat die Stadt denn gespart, nachdem der Steuerfuss für 2024 um 3% gesenkt wurde? Auch im Budget 2024 wurde gleichzeitig mit der Steuersenkung der Lohn des Personals erhöht: https://stgallen24.ch/articles/220147-das-hat-das-stadtparlament-beschlossen.
Eine Steuersenkung kann als Ziel definiert werden – jedoch unter der Bedingung, dass der Einnahmenausfall ausgeglichen wird.
3. Unternehmen stärken
Mir fehlt die Diskussion darüber, wie man die Einnahmen erhöhen kann. Eine Steuererhöhung würde das Problem bestenfalls verlagern – oder noch verschlimmern. Wenn es jedoch den Unternehmen in der Stadt wirtschaftlich gut geht, erhält die Stadt mehr Steuereinnahmen.
Mit attraktiven Rahmenbedingungen für Unternehmen könnte die Stadt für höhere Einnahmen sorgen, Neuzuzüger gewinnen und Arbeitsplätze schaffen.
4. Schuldenbremse
Hat die Stadt St.Gallen eigentlich eine Schuldenbremse? Falls nicht, sollte eine solche eingeführt werden.
5. Prioritäten und Vorgaben
Die umstrittensten Sparmassnahmen des Stadtrates betrafen finanziell Benachteiligte, Kinder sowie allseits beliebte städtische Freizeitangebote. Das ist schäbig.
Zuerst sollten die Verwaltungen intern sparen: Es müsste klare Vorgaben geben, wie viel jede Verwaltung einsparen muss, statt dass die Verwaltungen bekannt geben, wie viel sie einsparen können. Die Verwaltungen überlegen sich dann das «Wie».
6. Referendum
Es geht in den Diskussionen vollkommen unter, aber es wäre möglich, dass die Bevölkerung ein Referendum ergreift. Die umstrittensten Sparmassnahmen sind vom Parlament gekippt worden und somit vom Tisch. Gleichzeitig wurden die Löhne des Personals weiter angehoben, als der Stadtrat dies vorgesehen hatte – und insgesamt bleibt es bei einem Stellenausbau. So kommt man nie ans Ziel.
Die Regeln zu einem Referendum über Jahresrechnung und Voranschlag (https://st.gallen.tlex.ch/app/de/texts_of_law/111.1 / Art 13b) sind anders, als man es sich gewohnt ist: Man muss die Posten im Budget benennen und in welchem Umfang sie zu ändern sind.
Somit hat es die Bevölkerung selbst in der Hand, ob sie weitere Lohnerhöhungen und Stellenausbau für das Staatspersonal goutiert. Sogar eine Steuerfusssenkung könnte auf diesem Wege verlangt werden, wenn konkrete Angaben gemacht werden, wie der Einnahmenausfall ausgeglichen wird. Ein solches Referendum wäre wohl ein Novum.