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Kommentar
Stadt St.Gallen
04.12.2024
05.12.2024 17:22 Uhr

Stellenabbau darf kein Tabu sein

Stadtrat und -parlament zeigen wenig Wille zu sparen
Stadtrat und -parlament zeigen wenig Wille zu sparen Bild: Archiv
Ein Defizit von 27 Millionen Franken – und dennoch beschliesst die Stadt St.Gallen, die Löhne ihrer Angetellten zu erhöhen. Für stgallen24-Chefredaktor Stephan Ziegler ist diese Entscheidung das Gegenteil von verantwortungsvollem Finanzmanagement. Er schlägt deshalb zwei Massnahmen vor, mit denen der städtische Finanzhaushalt wieder ins Lot gebracht werden könnte.

Die Stadt St.Gallen präsentiert ein Budget mit einem Defizit von 27 Millionen Franken und beschliesst gleichzeitig, die Löhne zu erhöhen. Das ist, als würde man ein Loch im Dach mit einem Kübel Wasser reparieren wollen.

Da präsentiert ein offenbar überforderter Stadtrat (es sitzt weder ein Betriebswirtschafter noch ein Unternehmer im Gremium) Mini-Sparmassnahmen, von denen er wohl selbst erwartet hatte, dass diese vom Parlament wieder gekippt werden würden: weniger Bademeister, weniger Schullager, weniger Unterstützung für die Ärmsten. Peinlich!

Echter Sparwille seitens der Regierung? Fehlanzeige!

Statt die Ausgaben weiter aufzublähen, könnte die Stadt einerseits über eine Senkung der Steuern für natürliche und juristische Personen nachdenken. Ein attraktiver Steuerfuss würde finanzkräftige Einwohner und Unternehmen dazu bewegen, in die Stadt zu ziehen – oder zumindest nicht das Weite zu suchen.

Ein Blick auf die städtische Verwaltung – bei ihr sind knapp 2900 Menschen angestellt – zeigt andererseits: Hier könnte man den Rotstift ansetzen. Unser Politkommentator Bruno Eberle hatte vorgeschlagen, einen Einstellungsstopp bei der Verwaltung einzuführen. Das geht in die richtige Richtung – m. E. aber noch zu wenig weit:

Es müssten Stellen in der Verwaltung gestrichen und Löhne gesenkt werden.

Beides könnte, um es sozialverträglich zu gestalten, gestaffelt vollzogen werden: Jedes Jahr kürzt die Stadt die Löhne um, sagen wir, zwei Prozent und baut gleichzeitig ebenso viele Prozente der Stellen ab – dies würde durch natürliche Fluktuation und Pensionierungen fast «von selbst» vonstattengehen. Und in ein paar wenigen Jahren wären wir wieder im Plus.

Unfair? Nein, im Gegenteil. Denn aus Untersuchungen wissen wir: Die öffentliche Hand zahlt überdurchschnittlich hohe Löhne. Und aus dem Bekanntenkreis ist zu vernehmen, dass bei der Stadt eher Bore-outs statt Burn-outs die Regel sind – Unterforderung und Langeweile am Arbeitsplatz. Wer einen sicheren, stressfreien Job bei der Stadt hat, sollte zumindest nicht besser als in der Privatwirtschaft entlohnt werden.

Damit wir uns richtig verstehen: Ich spreche hier nicht von Polizisten, Lehrern oder Krankenschwestern. Diese machen einen tollen Job. Sondern von Verwaltungsbeamten, die Akten von links nach rechts und wieder zurück schieben.

Doch leider sitzen im Stadtparlament auffallend viele Personen, die direkt oder indirekt bei der Stadt angestellt sind. Da ist es wenig überraschend, dass der Wille zur Selbstreduktion nicht gerade ausgeprägt ist.

Es ist, als würde man den Fuchs zum Hüter des Hühnerstalls machen.

Solange diese Interessenkonflikte bestehen, bleibt die Hoffnung auf echte Reformen ein frommer Wunsch. Es wäre an der Zeit, dass die Stadt ihre Prioritäten überdenkt und den Mut aufbringt, unpopuläre, aber notwendige Entscheidungen zu treffen.

Denn eines ist klar: Mit der aktuellen Strategie steuert St.Gallen weiterhin auf den finanziellen Abgrund zu.

Was denken Sie über mögliche Sparpotenziale bei der Stadt? Schreiben Sie uns auf redaktion@stgallen24.ch

Stephan Ziegler
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