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Stadt St.Gallen
15.02.2023
15.02.2023 11:07 Uhr

Getestet: Ist das neue Klubhaus besser?

Sam Stephens und Mark Seman im neuen Klubhaus
Sam Stephens und Mark Seman im neuen Klubhaus Bild: Miryam Koc
Seit November herrscht wieder Leben im altehrwürdigen Gebäude hinter dem Bahnhof St.Gallen. Statt spanischen Tapas gibt es im neuen «Klubhaus» asiatische Spezialitäten und eine geheime Bar. Kann das neue Konzept überzeugen? stgallen24 hat es getestet.

Im Herbst 2021 bat der Spanische Verein «Hogar Español» als langjähriger Pächter des Spanischen Klubhauses die Stadt St.Gallen um Auflösung des Mietverhältnisses. Seither blieb die Küche im traditionsreichen Klubhaus kalt. Doch im März 2022 wurde bekannt, dass Sam Stephens und Mark Seman, die bereits «Toscana» und «The Pinch» betreiben, die Räumlichkeiten pachten. Zudem sind sie Teilhaber vom indischen Restaurant «Radio Mumbai».

Im November folgte dann die Neueröffnung. Stephens, der ursprünglich aus Australien stammt, betreibt mit dem Amerikaner Seman «The Zurich Trading Company GmbH». Die Gastrounternehmer sind aber – anders als es der Name vermuten lässt – nur in der Ostschweiz tätig. stgallen24 hat sich durch das Menü getestet und bewertet Ambiente, Service, Essen und Preis-Leistungs-Verhältnis.

Von aussen ist das Haus unverändert geblieben Bild: zVg

Ambiente

Das Gebäude, in dem heute asiatische Spezialitäten serviert werden, hat Geschichte: 1888 erbaut, galt das Klubhaus vor dem 2. Weltkrieg als Treffpunkt für «Bähnler und Pöstler». 1981 wurde es unter dem Namen Spanischer Klub über die Stadtgrenzen hinaus bekannt und war eine Adresse für alle Altersgruppen und sozialen Schichten. Direkt hinter dem Bahnhof gelegen, präsentiert sich das Haus altehrwürdig. Eine schwere Tür führt ins Innere und legt eine Räumlichkeit frei, die einen einzigartigen Charme versprüht.

Blickt man nach rechts, sieht man eine antike Standuhr, die eine Türklingel versteckt. Drückt man diese, gelangt man in eine sogenannte «Secret Bar» – das gibt es schweizweit kaum. Einige mögen sich vielleicht noch erinnern, dass hier früher eine Kegelbahn war. Diese wurde in die geschmackvolle Dekoration integriert. Auch die Bar wirkt sehr einladend.

Das Restaurant selbst verteilt sich auf zwei Stockwerke und bietet insgesamt 150 Plätze. Die Wände sind teilweise mit Seiten aus japanischen Büchern tapeziert, grosse Pflanzen stehen im ganzen Raum verteilt, Tische und Stühle sind schlicht gehalten und ein warmes Licht sorgt für die optimale Stimmung. Was sofort auffällt, ist die eher laute Musik im Hintergrund.

Generell ist es im neuen Klubhaus weniger leise als in üblichen Restaurants. Das sei aber Absicht, erklärt Sam Stephens. «Auch das neue Klubhaus soll ein 'Social Hub' sein, wo man sich mit grossen Gruppen treffen, aber auch in einer lockeren und trendigen Atmosphäre ein Date haben kann.» Wir empfanden die Lautstärke nicht als störend, sondern fanden das lebendige Ambiente als eine frische Abwechslung. Wer es doch ruhiger mag, der ist im zweiten Stock besser aufgehoben.

  • Die geheime Cocktail-Bar Bild: zVg
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  • Das obere Stockwerk Bild: mik
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Service

Wir wurden an diesem Donnerstagabend an der Tür herzlich empfangen und im gut besuchten Restaurant an den Tisch geführt. Schnell war ein Kellner bei uns und fragte, ob wir vorab einen Aperitif trinken möchten. Auf Empfehlung probierten wir einen Gin Tonic und den Klubhaus-Special. Die Wartezeiten zwischen den Gängen waren nicht lange und es wurde sich immer wieder erkundigt, ob alles passt.

Das Personal war sehr freundlich, wirkte aber etwas unsicher beim Servieren und Bedienen. Hier gibt es noch ein bisschen Luft nach oben und das Team könnte eingespielter, selbstbewusster und persönlicher auftreten, in dem es näher auf die Gäste eingeht.

Essen

Vorab: Das Sushi konnten wir an diesem Abend leider nicht testen, da der Sushimeister kurzfristig ausgefallen ist. Das war aber nicht weiter schlimm, denn das Menü bot genügend Auswahl für eine kulinarische Reise nach Fernost. Zu finden sind Gerichte aus Japan, Vietnam, China, den Philippinen, Thailand und Korea – umgesetzt auf eine moderne und kreative Art und Weise. So gibt es beispielsweise unter «Signature Dishes» Massaman Rösti, Green Curry Lasagne oder Korean Popcorn Chicken.

Zur Vorspeise wählten wir ein Bánh mì Sandwich, das aus einem Baguette belegt mit BBQ Pulled Pork, Daikon, Karotten und Gurken daherkommt und  mit Röstzwiebeln und einer süssen Chili-Mayo garniert war. Weiter probierten wir die veganen Tofu Skewer und ein vegetarisches Bao Bun. Das Fleisch im Bánh mì Sandwich schmeckte uns besonders gut und teleportiere uns auf die Strassen Vietnams, wo es als beliebtes «Street Food» gegessen wird. Auch das gedämpfte Bao Brötchen war der perfekte Anreger für die weiteren Gänge. Der Tofu war leicht säuerlich, aber die dazu gereichte Erdnusssauce balancierte dies aus.

Die Vorspeisen... Bild: mik

Als Hauptspeise wählten wir das Poulet mit Cashewnüssen, das im Wok gebraten und mit süss-saurer Chilipaste, Gemüse, Frühlingszwiebeln, Koriander und Cashewnüssen serviert wurde. Als zweites Gericht entschieden wir uns für den thailändischen Klassiker Phad Thai mit Crevetten. Die Herkunft der Produkte wird auf der Karte deklariert; so kommt der Lachs beispielsweise aus Schottland, die Crevetten aus Vietnam und Rind sowie Poulet aus der Schweiz.

Bei den Beilagen hat man die Wahl aus Jasmin Reis, Fried Rice, Blumenkohl Reis, Wok Gemüse oder Wok Broccolini. Bei beiden Gerichten wurde nach dem Schärfegrad gefragt – zweimal wählten wir «scharf». Sowohl das Poulet als auch das Phad Thai kamen in einem schön präsentiertem Teller und in einer fairen Portion, von der man sicher satt wird. 

An beiden Speisen war nichts auszusetzen: Das Fleisch war sehr zart, die Crevetten glasig gebraten, die Reisnudeln hatten den richtigen Biss, das Gemüse war knackig und die Gewürze kamen intensiv durch, ohne den Geschmack der einzelnen Komponenten zu übertönen. Auch war «scharf» tatsächlich «scharf», was in der Schweiz, wo lieber milde gegessen wird, nicht immer üblich ist.

Obwohl wir das Sushi nicht probieren konnten, warfen wir dennoch ein Blick in die Karte: Neben klassischem Sushi wie Nigiri, Uramaki, Hosamaki und Tataki gibt es auch hier «Signature Rolls» wie beispielsweise eine frittierte Roll mit Lachs, Krebs, Avocado und Teriyaki- sowie Chili-Mayo-Sauce. Zudem bietet das Restaurant auch «Poke Bowls» an.

  • Pad Thai mit Crevetten Bild: mik
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  • Cashew Poulet Bild: mik
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Preis-Leistung

Beim ersten Blick auf die Karte wirken die Preise für die Gerichte nicht aussergewöhnlich teuer oder billig und bewegen sich im üblichen St.Galler Rahmen. Allerdings kosten Beilagen wie beispielsweise Reis zu den Gerichten extra. So bezahlt man für das Poulet mit Cashewnüssen 29 Franken, hat da aber noch keine Beilage dazu. Jasminreis kostet 3 und gebratener Reis 6 Franken. Den Blumenkohl Reis gibt es für 7 und Wok Gemüse sowie Broccolini für 8 Franken. So bezahlt man also für ein vollständiges Gericht etwas über 30 Franken.

Die Vorspeisen wie beispielsweise das Bánh mì Sandwich kosten 16, Kimchi gibt es für 13, Tofu-Spiesschen für 12 Franken und Salate kosten ebenfalls zwischen 12 und 28 Franken. Drei Vorspeisen und zwei Hauptgerichte liegen an diesem Abend bei knapp 95 Franken. Das ist zwar etwas teurer, als beim Asiaten um die Ecke, aber die Qualität – besonders vom Fleisch – ist auch deutlich besser. Auch das Ambiente und das gesamte Konzept suggeriert, dass man hier ein paar Franken mehr bezahlt.  Dass üblicher Reis extra verrechnet wird, darauf könnte man unserer Meinung nach verzichten, denn dieser gehört beispielsweise zu einem Curry selbstverständlich dazu. 

Fazit

Den beiden Gastrounternehmer Sam Stephens und Mark Seman haben es geschafft, diesem besonderen Gebäude einen neuen Spirit zu geben, ohne ihm den alten Charme zu stehlen. In einem geschmackvollen Ambiente, das jung, modern und lebendig ist, kann man leckere asiatische und authentische Küche mit einem Twist geniessen.

Die geheime Cocktail-Bar ist ein absolutes Highlight und das Konzept könnte genau so in Zürich, London oder Paris funktionieren. Damit beweisen die beiden Expats wieder einmal mehr, dass sich St.Gallen kulinarisch nicht zu verstecken braucht und noch viel verborgenes Potenzial birgt. Das Restaurant hat erst seit wenigen Monaten geöffnet und das Team braucht sicherlich noch etwas Zeit, die man ihm aber definitiv geben darf.

Gibt es ein Restaurant in St.Gallen oder Umgebung, das wir unbedingt testen sollten? Lassen Sie es uns wissen unter redaktion@stgallen24.ch oder via Instagram.  

Miryam Koc/stgallen24
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