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Stadt St.Gallen
30.01.2022

Fasnachtskrimi: Mohrenball im Ekkehard?

Buchcover «Zwischenwelten. Unheil im  Westen.»
Buchcover «Zwischenwelten. Unheil im Westen.» Bild: zVg
Der St.Galler Autor Théo Buff präsentiert regelmässig Lese-Häppchen aus seiner Trilogie «Mord in Sankt Gallen und andere Geschichten». Heute geht es nach einer kleinen Pause endlich weiter.

Folge 3 von «Zwischenwelten. Unheil im Westen» der Trilogie. Hier geht's zu Folge 1 und hier zu Folge 2.

Im Krimi Zwischenwelten, dem dritten der Trilogie «Mord in St. Gallen», geht es unter anderem um die Fasnacht, um die mysteriösen Raunächte zu Beginn des Jahres, aber natürlich auch um Mord und Totschlag. Und andere spannende und eindrückliche «St. Galler Gschichten». Da und dort schimmert auch Corona durch. Dezent nur. In dieser Folge und gleichsam als Einstieg steht nun also die 5. Jahreszeit, wie die Fasnacht ebenfalls genannt wird, im Vordergrund, Kommissar Häfeli schwelgt in Erinnerungen an den früheren Mohrenball im Hotel Ekkehard, dem Highlight der St.Galler Fasnachtsbälle. Diese Jahr läuft die Fasnacht wieder auf Sparflamme, und nicht nur die Guggen machen sich Sorgen um ihren Bestand.

Im Dezember wurden die Zwischenwelten von Leseproben aus dem Weihnachtskrimi «Endzeitzauber. Im Eiszeitland» unterbrochen. Was geschah bisher in den Zwischenwelten?

In der Kapelle St. Maria Einsiedeln in Schönenwegen  beim Tröckneturm im Stadtpark West findet die Polizei zwei Senioren. Mausetot. Todesursache und Identität unbekannt, Dokumente fehlen, dafür riechen die beiden etwas seltsam: Nach Alkohol und Hagebutten. Seltsam. Volles Programm. Und ab in die Rechtsmedizin. Fast gleichzeitig werden Kommissar Bert Häfeli und sein Assistent Max Kraienbühl zum alten Wasserturm aus Dampfloks Zeiten beim Hauptbahnhof gerufen, dort sei eine weitere Leiche aufgetaucht. Ein junger Mann. Mit roter Krawatte geschmückt. Tatsächlich. Häfeli wartet im Wagen und heizt voll Pulle, saukalt ist es, draussen und drinnen. Als die beiden abfahren wollen, streikt der Motor. Die Batterie ist leer.

Mohrenball im Ekkehard?

Bald ist wieder Fasnacht, dachte Häfeli wehmütig. Nachdem Weihnachten überstanden war. Er liebte es, sich zu verkleiden, zusammen mit Kollegen – eine Jagdgemeinschaft. Damals. Ja, es war ein spezieller Anlass gewesen, der Mohrenball, Geschichte nun, wie so vieles in dieser Stadt. Schade! Natürlich waren viele Grabscher da – und akkurat tätig. Meist unbehelligt. Damals. Und Grabscherinnen? Davon sprach damals noch niemand. Als junger Mann ging der Kommissar gerne an den Fasnachtsball im Ekkehard; diese grossen Fest-Säle sind inzwischen alle verschwunden, auch das ehrwürdige Hotel Ekkehard – in grauen Zeiten ein christliches Gesellenhaus. Seit über 20 Jahren steht es nun leer, weil sich die Bauherren mit den Nachbarn nicht einigen konnten, oder umgekehrt. Abbruchreif? Leerstände an bester Lage. Wahnsinn! Und das nicht erst, seit alle im Internet oder in Konstanz shoppen, mehr als sie tragen können. Hauptstreitpunkt war in diesem Fall die Einfahrt in die geplante Tiefgarage. Diskussionen über irgendwelche Parkgaragenprojekte führen häufig zu roten Köpfen. Nicht nur in Sankt Gallen. Item.

Traurig hängt das alte, einst so stolze Hotel- und Wirtshausschild immer noch an der Fassade des Ekkehards. Wieso eigentlich? Warten auf eine Renaissance. Vielleicht.

Dieses Jahr war das Fasnachtsmotto ein ganz schwieriges: Political Correctness heute. Auf dem Plakat war US-Präsident Trumpf mit einem Strumpf abgebildet, einer umgebauten Hygiene-Maske, daneben einige Schlümpfe und ein nur spärlich maskierter ehemaliger Bundesrat von der Zürcher Golfküste, in seiner politischen Karriere etwas brüsk ausgebremst, und der famose lokale Stadtschreiber Pankraz Wurstler. Der eine als Papagei verkleidet, der andere als Habicht, alle umringt von stilisierten Schokolade-Mohrenköpfen mit Gesichtern, die da und dort einen Ehren-Födlibürger oder eine Stadträtin erahnen liessen. Ohne Gewähr. Aber sehr aufwendig, das Dekor. Die Rolle der Ehren-Föbus, na ja, sagen wir’s vorsichtig, etwas veraltet.

Diesmal war im Vorfeld des Fasnachtsballs von einem Wettbewerb die Rede gewesen: Nicht die beste individuelle Maskierung sollte prämiert werden, sondern jene Double-Maske, welche am zahlreichsten von den Fasnachts-Freaks gekauft würde. Wie das im Detail funktionieren sollte war unklar. Wenn nun zum Beispiel Präsident Trumpf gewinnen sollte, schrecklich. Doch der nahm an diesem Wettbewerb gar nicht teil. Oder aber die Mohrenköpfe? Gab es dann diese süssen Schokoladeeiweisskalorienbombencreaturen für alle gratis? Neuerdings und angeblich mit eindeutig rassistischem Image, nun als Schokoküsse verhöhnt, daher ab sofort auch in weissem Kleid erhältlich. Im Hochzeitskleid. Ebenfalls sehr sexy. Und verführerisch sowieso. Richtig äh …, einfach gut.

Wie der Wind weht, ändern sich Meinungen. Kleider. Denkmäler. Strassennamen. Die Sprache schlechthin, und rasant. Anstand sowieso. Alles zusätzlich oft mit Anglizismen unterlegt.

Oder überbelegt. Gedankenlos. Belegte Brote?

Geschmacklos.

Political Correctness. Gibt’s das heute noch?

Und Political Correctness an der Fasnacht? Ein Unding. Und das in dieser Zeit.

Wir werden sehen. Dann.

Am nächsten Sonntag geht’s weiter!

Autor Théo Buff Bild: zVg

Über den Autor

Geschichtenerzähler. Original. Verwirrspieler. Philosoph. Historiker. Märchenfreund. Bücherwurm. Reisender. Lebenskünstler. Geniesser. Liebt Wortkreationen und Spiele. Üppig und opulent. Scharfzüngig. Mit Schalk.

Lic. phil. hist., Universität Bern. Bürger von Speicher AR. Geboren am 10. Mai 1956 in Sankt Gallen und dort aufgewachsen. Hier beschult, ohne echte Begeisterung. Aber sorgfältig und zuverlässig. Lebensschulen: zwei Berufslehren, Militär, Zweitwegmatura. Studierte in Bern und Sevilla Neuere Geschichte, Staatsrecht, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte/Politologie, und Soziologie und Sozialpsychologie.

Lehrbeauftragter Allgemeinbildende Fächer am GBS Sankt Gallen. Herzblut-Journalist beim St.Galler Tagblatt.

Meist linke Hand des Bauvorstands der Stadt Sankt Gallen (Bausekretär-Stellvertreter). Engagierter Hofnarr, auch dazu braucht’s Galgenhumor. Und nicht zu knapp. Mentor und Autor verschiedener Publikationen über seine Stadt. Heute im Unruhezustand. Aber weiterhin fröhlich. Und auf den Krimi gekommen.

Die Trilogie Mord in Sankt Gallen und andere Geschichten ist im Buchhandel oder direkt beim Autoren (theo.buff@bluewin.ch) erhältlich.. Mehr auch unter www.theobuff.ch

Théo Buff, Autor
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