Die rechtsbürgerliche Mehrheit im Kantonsrat hat ein Abbaupaket durchgesetzt, das den Kanton in zahlreichen Bereichen massiv schwächt. Die Grünen sind entsetzt über die Konsequenzen dieser Politik und wehren sich entschieden gegen das zusätzliche Abbaupaket in der Höhe von 60 Millionen Franken sowie gegen die Forderung, den Staat auf das gesetzliche Minimum zurückzufahren.
Was sich in der Wintersession abgespielt hat, bezeichnen sie als Abkehr von seriöser Finanzpolitik. Die Fraktionen von SVP, FDP sowie Mitte-EVP hätten mit ihrem Paket einen Frontalangriff auf Bildung, Soziales, Umwelt, Gesundheit und Kultur gestartet.
Sämtliche Anträge der Grünen und ihrer Grossfraktion seien abgelehnt worden – ungeachtet fachlicher Argumente, Fakten und Auswirkungen. Gleichzeitig setzte die Mehrheit zwei weitere Anträge durch, die den Staat personell und strukturell auf ein Minimum reduzieren sollen.
Die Grünen zeigen sich schockiert über das rücksichtlose Durchpeitschen einer Ideologie, die den Staat seiner Handlungsspielräume beraube und die Bevölkerung mit den Folgen alleinlasse. Besonders störend sei, dass die Auswirkungen des Abbaupakets von der Mehrheit verharmlost worden seien.
Einschnitte in Bildung, Soziales, Umwelt und Kultur
Bildung: Schwächung des Innovationsstandorts Ostschweiz
Mit den beschlossenen Einsparungen im Bildungsbereich verliert die Ostschweiz an Attraktivität als Bildungsstandort. Der Kanton St.Gallen setze sich hohe Qualitätsziele – zu Recht –, doch die Sparmassnahmen schadeten Lehrlingen und Studenten ebenso wie der Innovationskraft und der regionalen Wirtschaft. Aus Sicht der Grünen werde es verpasst, in gut ausgebildete Fachkräfte und motivierte Lehrpersonen zu investieren.
Soziales: Massive Einschnitte im Behindertenbereich
Mit vier Massnahmen im Behindertenbereich sollen jährlich 7.5 Millionen Franken eingespart werden. Für die Betroffenen seien die Folgen spürbar und einschneidend. Auch Behinderteninstitutionen würden indirekt betroffen, da der Teuerungsausgleich für das Staatspersonal gestrichen werde – eine Massnahme, die letztlich ebenfalls auf Menschen mit Behinderung zurückwirke.
Umwelt: Streichungen trotz Biodiversitätskrise
Der Bereich Umwelt werde besonders hart getroffen. Beiträge für Biodiversität, Landschaft und Gewässerschutz seien gestrichen worden – und das mitten in einer akuten Arten- und Lebensraumkrise. Stabile Ökosysteme seien jedoch grundlegende Voraussetzungen für Gesundheit und Wohlstand.
Besonders unverständlich sei die Streichung des Projekts «Klimafreundliche St.Galler Landwirtschaft», das Bauern beim Umgang mit Wetterextremen, Schädlingen und Ernteausfällen hätte unterstützen sollen. Mit dem Abbruch dieses Projekts vergebe der Kanton eine zentrale Chance, die Landwirtschaft klimafit zu machen und regionale Produkte zu stärken.
Gesundheit: Missachtung des Volkswillens
Die Ausbildungsoffensiven in der Pflege waren erst vor einem Jahr von der Stimmbevölkerung deutlich gutgeheissen worden. Dennoch habe die rechtsbürgerliche Mehrheit nun Altersgrenzen angezogen, Beiträge gekürzt und selbst bei der Umsetzung der Pflegeinitiative gespart.
Aus Sicht der Grünen handle es sich um einen Wortbruch und eine Missachtung des Volkswillens – und das in einem Bereich, der für die Zukunft des Gesundheitswesens zentral sei.
Kultur: Schwächung regionaler Strukturen
Alle Anträge gegen die Streichungen im Kulturbereich seien abgelehnt worden. Dies schwäche die kulturelle Vielfalt und die regionalen Strukturen. Besonders kleinere Projekte, regionale Förderstellen sowie Konzert und Theater St.Gallen geraten unter Druck. Kultur sei keine Sparmasse, sondern tragend für Lebensqualität und gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Weitere Geschäfte der Wintersession
Schwerpunktplanung 2025–2035
Die Grünen begrüssen die langfristige Ausrichtung der Schwerpunktplanung, kritisieren jedoch die fehlende Verbindlichkeit in den Bereichen Klima, Energie und Raumplanung. Eine Nachfolgestrategie für das bald auslaufende Energiekonzept sei überfällig, ebenso klare Ausbauziele für Solarenergie und Speicher. Auch bei Steuer- und Familienstrategie fordern sie mehr Transparenz bezüglich Wirkung und Finanzierung.
Wohnsitzpflicht für Kreisrichter
In erster Lesung sprach sich der Kantonsrat für eine Ausdehnung der Wohnsitzpflicht aus. Aus Sicht der Grünen hat dies zwei positive Effekte: Die Besetzung offener Richterstellen werde erleichtert, und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessert.
Zubringer Güterbahnhof
Eine dringliche Interpellation der rechtsbürgerlichen Fraktionen sollte die Haltung der Regierung zum Anschluss Güterbahnhof klären. Die Grünen begrüssen die Haltung des St.Galler Stadtrats, der nach dem Nein zum Nationalstrassenausbau seine Position angepasst und den Anschluss nicht mehr unterstützt hatte.
Unverständlich sei hingegen das Vorgehen der Kantonsregierung, den Stadtrat für diesen demokratisch legitimierten Entscheid zu massregeln.