Ein Auslöser der aktuellen Diskussion ist der Wegzug des Helvetia-Headquarters, was sich wohl nicht verhindern liess. Aber zuvor zogen Firmen wie Kellenberger oder Gema weg von St.Gallen. Was tun Sie, um die guten Unternehmen hier zu halten?
Über die Standortförderung sind wir im steten Kontakt mit Unternehmungen. Wenn wir ein Signal bekommen, dass eine Firma ein Bedürfnis hat, suchen wir nach Lösungen, wir zeigen auf, wo es noch freie Böden gibt. Gema wollte einen Neubau errichten, um sich zu vergrössern, für die Geschäftsleitung mit Priorität in der Stadt St.Gallen. Die Schwierigkeit war das Thema Baurecht, denn die amerikanischen Besitzer kennen dieses Konstrukt nicht. Die Helvetia Baloise beschäftigt seit Langem in Basel ein Vielfaches an Mitarbeitern im Vergleich zu St.Gallen. Da ist ein Wechsel des Hauptsitzes bedauerlich, aber nachvollziehbar. Zudem haben die neue Geschäftsleitung und der neue Verwaltungsrat kaum noch einen persönlichen Bezug zu St.Gallen. Der Stadtrat war im regelmässigen Austausch mit ihnen, hat als öffentliche Hand jedoch nicht viele Hebel, um in unternehmerische Entscheide einzugreifen. Wir setzen uns jedoch weiterhin dafür ein, dass St.Gallen ein wichtiger Helvetia-Baloise-Standort bleibt.
Ein anderer prominenter Hauptsitz in St.Gallen ist Raiffeisen Schweiz.
Bei Raiffeisen Schweiz haben wir keine Anzeichen, dass das Unternehmen eine Verlegung des Hauptsitzes erwägt.
Man wird auch nicht Raiffeisen provozieren und den Namen des Raiffeisen-Platzes ändern, wie unlängst gefordert wurde?
Das ist ein Geschäft, das der Stadtrat noch nicht fertig behandelt hat. Dazu kann ich keine Stellung nehmen.
Fast alle Gemeinden im Kanton haben in einer Abstimmung die Absicht, der Stadt einen etwas höheren Ausgleich der Zentrumslasten zu gewähren, deutlich abgelehnt.
Ja, unter anderem dachten die anderen Gemeinden wohl, dass die Stadt bevorzugt und sie benachteiligt werden. Die SVP hat ihre Propaganda erfolgreich durchgezogen.
Es muss auch konkrete Gründe geben. Viele Leute sagen, die Stadt sei schlecht erreichbar, sie fühlen sich nicht mehr willkommen.
Bashen ist immer einfacher, als Fakten aufzuzeigen. Die Realität zeigt sich anders. Die Stadt verfügt über vier Autobahnanschlüsse, vier Bahnhöfe sowie ein dichtes, gut funktionierendes ÖV- und Strassennetz. Wir sind gut erschlossen. Wir haben auch genügend Parkplätze. Es wurden nur einige oberirdische Parkplätze aufgehoben, für die es neu unterirdischen Ersatz gibt. Übrigens basieren diese Massnahmen auf einem Parkplatzkonsens, der vor rund 15 Jahren von einem bürgerlichen Stadtrat und Parlament initiiert wurde.
Busse werden durch Tempo-30-Zonen gebremst, Bushaltestellen werden auf der Fahrbahn platziert, dadurch entsteht Stau, in dem auch der folgende Bus steckt.
Die städtischen Verkehrsbetriebe haben letztes Jahr einen Rekordgewinn gemacht, wir haben über 30 Millionen Menschen transportiert. Eine Studie attestiert St.Gallen die schnellsten ÖV-Verbindungen unter allen grösseren Schweizer Städten. In der Bevölkerungsbefragung ist die Zufriedenheit mit dem ÖV top. Es gibt keine gewollten Verkehrsbehinderungen. Das ist ein Märchen. Wir haben ein Problem zu Spitzenzeiten, und es bräuchte nur wenig, um diese Spitzen zu brechen.