Ein Einsprecher nutzt den bestehenden rechtlichen Rahmen aus und verhindert jegliche Entwicklung des Güterbahnhofareals. Die Pioniere der Zwischennutzung verlassen das Areal und der Verein Lattich muss sein Ziel aufgeben, die Zwischennutzung als städtebauliches Labor für die spätere definitive Gestaltung des Areals weiterzuentwickeln.
Künftig liegt der Fokus auf Gartenprojekten mit komplett erneuertem Vorstand. Der Lattich-Bau als Kernstück bleibt indessen bis mindestens Ende 2029 bestehen. Er bietet rund 50 kleinteilige Arbeitsräume für Jungunternehmen, welche bis heute meist voll vermietet sind. Eine St.Galler Erfolgsgeschichte, die über die Landesgrenzen hinaus Beachtung findet.
Der Verein Lattich hatte, zusammen mit der Regio Appenzell AR-St.Gallen-Bodensee als Initialpartner, ab 2016 erfolgreich die Zwischennutzung Lattich auf dem Güterbahnhofareal in St.Gallen etabliert: Zwischen 2016 und 2018 diente die Güterhalle der SBB jeweils im Sommerhalbjahr als Plattform zur Lancierung der Zwischennutzung.
Unterschiedlichste Veranstalter nutzten den inspirierenden, rohen urbanen Freiraum, was viel Publikum anzog. Lattich wurde zum Treffpunkt.
Der Lattich-Bau bietet seit 2019 Raum für Geschäftsideen
Ab Frühjahr 2019 gesellte sich der mit gut drei Millionen Franken vollständig durch die Lattich II AG finanzierte Lattich-Bau zur Zwischennutzung hinzu.
Der Holzmodulbau von Blumer Lehmann bietet rund 50 kleinteilige Arbeitsräume und ist bis heute stets voll vermietet. Von Game-Entwicklern, Design-, Architektur- und Ingenieurbüros über Psychotherapiepraxen bis zum Comestible-Händler und einem Gastrobetrieb ist die Mieterschaft sehr breit.
Anne Treichel, Vorstandsmitglied im Verein und selbst Mieterin, stellt fest: «Schon manche Geschäftsidee fand im Lattich ihren Anfang und ist ihm teilweise auch entwachsen. Die Vision, einen sichtbaren Brennpunkt für die Kreativwirtschaft und Jungunternehmen zu schaffen, ist gelungen».
Marcus Gossolt, Vorstandsmitglied des Vereins Lattich und Gestalter der gelben Fassade betont: «Diese St.Galler Erfolgsgeschichte fand über die Landesgrenzen hinaus Beachtung». Dieses Kernstück der Zwischennutzung bleibt weiter bestehen – mindestens bis Ende 2029.
Ein bunter Strauss an Initiativen hätte das Areal weiter aufgewertet
Weitere Elemente hätten als privatwirtschaftlich getragene Initiativen in den vergangenen Jahren zur Zwischennutzung dazu kommen sollen. So könnte bereits seit 2022 ein weiterer Holzmodulbau mit rund 30 Mikro-Wohnungen Bewohnende beherbergen.
Die Güterhalle hätte zur Event-Halle «Hektor» ausgebaut werden sollen und könnte unterschiedlichsten Veranstaltungen – von der Generalversammlung bis zum Gin-Festival den passenden Rahmen bieten.
Und auf dem Brachland des 2021 frei gewordenen alten Trassees der Appenzeller Bahnen plante der Verein Lattich eine Ergänzung der bereits seit den Anfängen bestehenden Pioniernutzungen um weitere Hochseecontainer als Gewerbe-Ateliers und zusätzliche Flächen für Gartenprojekte.
Durch die städtebauliche Setzung der Container, auch zweistöckig, hätte ein Platz und eine von der Strasse abgetrennte durchgängige öffentliche Fusswegverbindung durch das Areal geschaffen werden können.
Ein Einsprecher verhindert jegliche Entwicklung
Hätten. Denn nach drei Jahren intensiver Arbeit für entsprechende Baugesuche und darauffolgende Rekursverfahren muss der Verein Lattich, wie auch die weiteren Akteure auf dem Güterbahnhofareal, welche sich im Areal engagieren, feststellen, dass eine Weiterentwicklung des Areals nicht möglich ist. Die Rekurse des Vereins wurden zwar zu einem guten Teil durch das kantonale Baudepartement als Rekursinstanz gestützt.
«Damit ist aber nichts gewonnen – ein einzelner Einsprecher nutzt die Möglichkeiten aus, die ihm der aktuelle rechtliche Rahmen bietet, um jegliche Entwicklung auf dem Areal zu verhindern.» stellt Christine Egli, Co-Präsidentin des Vereins Lattich, welche das Baugesuch als Architektin verantwortete, fest.
«Stossend ist, dass sich der Einsprecher trotz mehrmaliger Kontaktversuche weigert, im Gespräch seine konkreten Einwände zu äussern und mit den Bauwilligen nach einvernehmlichen Lösungen zu suchen.»