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29.05.2025
28.05.2025 16:28 Uhr

Alltag auf dem Bauernhof: Trudy Graf bereichert Sammlung der Stiftung für Volkskunde

Auf diesem Bild ist das Elternhaus der Künstlerin in Wald zu sehen
Auf diesem Bild ist das Elternhaus der Künstlerin in Wald zu sehen Bild: zVg
Mit sieben Gemälden der Appenzeller Malerin Trudy Graf-Eisenhut erhält die Stiftung für appenzellische Volkskunde eine aussergewöhnliche Erweiterung ihrer Sammlung. Die Werke zeigen selten dargestellte Motive des bäuerlichen Alltags und sind seit dem 18. Mai 2025 in einer Sonderausstellung im Volkskunde-Museum Stein zu sehen.

Die Stiftung für appenzellische Volkskunde, deren Zweck das Sammeln, Erforschen und Vermitteln von appenzellischer Volkskunst ist, hat sieben Bilder von Trudy Graf-Eisenhut erworben.

Die Ergänzung der Sammlung ist von besonderem Wert, weil ihre Bilder Motive zeigen, die sonst selten zu finden sind: der Viehhandel mit Handschlag, Kühe statt Pferde als Zugtiere, das Mäusefangen oder Regenwetter – der Alltag auf dem Bauernhof. Damit gehört die Malerin zu den Vertretern der «realen» Bauernmalerei.

Trudy Graf kam 1938 als zweites von drei Kindern im Nüret in Wald AR zur Welt.

Ihre Motive sind der ländliche Alltag, den sie erlebt hat: «Das bäuerliche Leben erlebte ich bei meinem Grossvater. Seine Kühe waren im Stall der Käserei eingestellt. Es gab Hühner, Hund und Katzen. Die Hasen hatten einen Stall, waren aber frei, verwilderten zum Teil, und mein Vater, der Jäger war, musste für den Hasenbraten die Flinte holen.

Bei den Hühnern entwickelte sich oft eine ‹Gluggere›, die brüten wollte. In der Firstkammer wurde ein Nest mit den Eiern eingerichtet und das Huhn daraufgesetzt. Wir Kinder mussten dem Huhn jeweils Futter und Wasser bringen. Es wurde dann langsam sichtbar, anhand der Kämme, ob es ein Henneli oder ein Güggel gibt. Wir freuten uns, wenn möglichst viele Kämme wuchsen, denn dann gab es viele Pouletbraten.»

Das grösste Bild zeigt das Elternhaus, die an der Fassade angeschriebene «Käserei» im Nüret.

Das Haus ist realitätsgetreu wiedergegeben. Der Vater war Käser, der Grossvater war Viehhändler. Die Bauern bringen am Abend die Milch. Rechts zu sehen ist ein Wagen mit Milchkannen, der von einem grossen Hund gezogen wird, begleitet von einem Bauernkind der Umgebung. In der Käserei ist ein Pult mit dem Milchbüchlein zu erkennen, in welches die von den Bauern abgelieferte Milch notiert wurde.

Auf den Bildern gibt es viele Details aus dem ländlichen Leben aus Trudy Grafs Jugendzeit zu entdecken Bild: zVg

Ende Monat wurde in der Stube der Käsereifamilie die Milch an die Bauern bezahlt. Das war der «Milchzahltag», erläutert Trudy Graf. In der Nähe befand sich das Waisenhaus, die Käserei sei ein Kindertreffpunkt gewesen, und man habe oft Verstecken gespielt, was auf dem Bild zu erkennen ist.

Ein in der klassischen Bauernmalerei kaum anzutreffendes Motiv ist der direkte Viehhandel per Handschlag, wie er auf dem zweiten Bild zu sehen ist.

Der Grossvater kaufte Jungvieh, das den Sommer über auf den Alpen war und im Herbst auf den Viehmärkten verkauft wurde. Der Grossvater kaufte oft auf dem Markt in Mels ein, aber auch auf Bündner Märkten. Das gekaufte Vieh wurde mit der Bahn nach Altstätten geliefert. Dort wurde es zu Fuss von Trudy und ihrem Götti Konrad, dem ledigen Sohn des Grossvaters, nach Wald geführt. In der Regel waren es zwei Stück Vieh.

Bereits wenige Tage danach wurde das Vieh wieder verkauft an regionale Viehhändler, und diese wiederum verkauften es an Bauern weiter. Der Viehhandel erfolgte mit Handschlag, die Zahlung war bar.

Auf den Bildern der Malerin gibt es viele Details aus dem ländlichen Leben aus ihrer Jugendzeit zu entdecken.

Das namengebende Motiv eines grossen, länglichen Bildes muss man suchen. Es heisst «De Muuser». Ganz links im Bild ist ein Mäusefänger mit einer Falle zu erkennen. Auch das hat die Malerin selber erlebt: «Ich erhielt 20 Rappen pro Maus und 50 Rappen für einen ‹Schäär› (Maulwurf).»

Eine Auswahl der sieben, die Sammlung der Stiftung für Volkskunde ergänzenden Bilder ist seit dem 18. Mai 2025 in der Sonderausstellung «Appenzeller Bilderwelten – Neuzugänge der Stiftung für appenzellische Volkskunde» im Appenzeller Volkskunde-Museum in Stein zu sehen.

Das Museum ist derzeit jeweils am Donnerstagnachmittag, 13 bis 17 Uhr, sowie an einzelnen Sonntagen geöffnet, das nächste Mal am Pfingstsonntag. Zum Begleitprogramm und den aktuellen Öffnungszeiten siehe www.appenzeller-museum.ch.

Stefan Sonderegger, Präsident der Stiftung für appenzellische Volkskunde
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