«Die Chemieunfälle von 2019 und 2021 bei Amcor und die damit verbundene Vergiftung des Bodensees haben die St.Galler Stadtwerke aufgeschreckt. In einem Onlinebeitrag vom 27. Oktober 2023 heisst es beruhigend: «Die Befürchtung, das Trinkwasser sei dadurch ebenfalls verschmutzt worden, konnten Laboruntersuchungen nicht bestätigen» (1). Tatsächlich liegt der PFAS-Gehalt im St.Galler Trinkwasser im Mittel bei 0.005 Mikrogramm pro Liter – weit unter dem EU-Grenzwert von 0.1 Mikrogramm (2).
Doch diese Zahl wiegt uns in falscher Sicherheit – aus zwei Gründen:
Erstens: Schon kleinste Einträge können den Grenzwert überschreiten. Eine Autowaschanlage mit alten Wachsen und Spülungen, eine Garage mit unsachgemäss entsorgten Schmiermitteln oder Alltagsprodukte wie Rasierschaum und Haarspray – all das genügt, um den Wert in die Höhe zu treiben. Das ist kein theoretisches Risiko: Bereits vor zwei Jahren wurde in einer Messung im Kanton St.Gallen 0.16 Mikrogramm PFAS pro Liter nachgewiesen (3).
Zweitens: Geringe Konzentrationen bedeuten nicht automatisch geringe Gefahr. PFAS sind langlebig, reichern sich im Körper an und wirken chronisch toxisch. Die Ökotoxikologie warnt seit Langem: Solche Substanzen fördern stille Entzündungen – mit potenziell gravierenden Langzeitfolgen.
Darum braucht es jetzt konsequentes Handeln. Es darf nicht sein, dass PFAS-belastete Lebensmittel weiterhin im Handel sind. Es ist inakzeptabel, Grenzwerte hochzuschrauben, nur um betroffene Produkte nicht verbieten zu müssen. Und es ist fahrlässig, wenn Umweltämter nur dann messen, wenn sie dazu gezwungen werden.
Oder weiss die Stadt St.Gallen, auf welchen Landwirtschaftsböden PFAS-belastete Klärschlämme ausgebracht wurden? Oder wie hoch die Belastung auf den fünf städtischen Langlaufloipen ist, die von den Gleitwachsen stammt? Und wie sieht es aus mit der Belastung rund um die (ehemaligen) Textilunternehmen im Sittertobel?
PFAS sind kein Betriebsunfall. Sie sind ein systemisches Problem. Und wir sitzen mittendrin.»
(1) https://www.sgsw.ch/news/sgsw_news/2023/10/st-galler-trinkwasser--das-unterschaetzte-luxusprodukt.html
(2) https://www.sgsw.ch/home/wasser.html
(3) https://www.sg.ch/umwelt-natur/umwelt/pfas-im-kanton-st-gallen.html