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Gast-Kommentar
Stadt St.Gallen
24.04.2025
24.04.2025 12:08 Uhr

Aus den Parteien: «PFAS im Bodensee: Ein Umweltverbrechen mit Ansage»

Autor Michael Breu ist Präsident der Grünen Stadt und Region St.Gallen
Autor Michael Breu ist Präsident der Grünen Stadt und Region St.Gallen Bild: zVg
Dank hartnäckiger Recherchen des «Tagblatts» wissen wir nun mehr über die umweltkriminellen Machenschaften des australischen Verpackungskonzerns Amcor Flexibles AG: Illegale Einleitungen von mehreren Tonnen PFAS-haltigem Löschschaum in die Goldach und den Bodensee sowie die unsachgemässe Entsorgung von zwölf Tanklastwagen voller PFAS-Rückstände in die Thur und den Rhein sind keine Bagatellen – es sind schwere Umweltvergehen.

«Die Chemieunfälle von 2019 und 2021 bei Amcor und die damit verbundene Vergiftung des Bodensees haben die St.Galler Stadtwerke aufgeschreckt. In einem Onlinebeitrag vom 27. Oktober 2023 heisst es beruhigend: «Die Befürchtung, das Trinkwasser sei dadurch ebenfalls verschmutzt worden, konnten Laboruntersuchungen nicht bestätigen» (1). Tatsächlich liegt der PFAS-Gehalt im St.Galler Trinkwasser im Mittel bei 0.005 Mikrogramm pro Liter – weit unter dem EU-Grenzwert von 0.1 Mikrogramm (2).

Doch diese Zahl wiegt uns in falscher Sicherheit – aus zwei Gründen:

Erstens: Schon kleinste Einträge können den Grenzwert überschreiten. Eine Autowaschanlage mit alten Wachsen und Spülungen, eine Garage mit unsachgemäss entsorgten Schmiermitteln oder Alltagsprodukte wie Rasierschaum und Haarspray – all das genügt, um den Wert in die Höhe zu treiben. Das ist kein theoretisches Risiko: Bereits vor zwei Jahren wurde in einer Messung im Kanton St.Gallen 0.16 Mikrogramm PFAS pro Liter nachgewiesen (3).

Zweitens: Geringe Konzentrationen bedeuten nicht automatisch geringe Gefahr. PFAS sind langlebig, reichern sich im Körper an und wirken chronisch toxisch. Die Ökotoxikologie warnt seit Langem: Solche Substanzen fördern stille Entzündungen – mit potenziell gravierenden Langzeitfolgen.

Darum braucht es jetzt konsequentes Handeln. Es darf nicht sein, dass PFAS-belastete Lebensmittel weiterhin im Handel sind. Es ist inakzeptabel, Grenzwerte hochzuschrauben, nur um betroffene Produkte nicht verbieten zu müssen. Und es ist fahrlässig, wenn Umweltämter nur dann messen, wenn sie dazu gezwungen werden.

Oder weiss die Stadt St.Gallen, auf welchen Landwirtschaftsböden PFAS-belastete Klärschlämme ausgebracht wurden? Oder wie hoch die Belastung auf den fünf städtischen Langlaufloipen ist, die von den Gleitwachsen stammt? Und wie sieht es aus mit der Belastung rund um die (ehemaligen) Textilunternehmen im Sittertobel?

PFAS sind kein Betriebsunfall. Sie sind ein systemisches Problem. Und wir sitzen mittendrin.»

(1)  https://www.sgsw.ch/news/sgsw_news/2023/10/st-galler-trinkwasser--das-unterschaetzte-luxusprodukt.html

(2)  https://www.sgsw.ch/home/wasser.html

(3)  https://www.sg.ch/umwelt-natur/umwelt/pfas-im-kanton-st-gallen.html

Aus den Parteien: Politische Meinungen aus erster Hand

stallen24 bietet einmal pro Monat jeder Partei, die im St.Galler Stadtparlament vertreten ist, eine «Carte blanche». In dieser Rubrik können die Parteien ihre Sichtweise zu einem frei gewählten Thema präsentieren. «Aus den Parteien» ermöglicht es den Lesern, politische Positionen und Ansichten direkt aus erster Hand zu erfahren – ein spannender Einblick in die Vielfalt der politischen Landschaft der Stadt St.Gallen.

Michael Breu
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