Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland Agenda
Kanton
31.12.2024
31.12.2024 13:29 Uhr

Fragezeichen zum St.Galler Einsatz von Gesichtserkennungssoftware

Im Kanton St.Gallen setzt die Polizei bei schweren Delikten Gesichtserkennungssoftware ein. Ob es dafür die notwendigen gesetzlichen Grundlagen gibt, wird in einem Vorstoss bezweifelt. (Archivbild)
Im Kanton St.Gallen setzt die Polizei bei schweren Delikten Gesichtserkennungssoftware ein. Ob es dafür die notwendigen gesetzlichen Grundlagen gibt, wird in einem Vorstoss bezweifelt. (Archivbild) Bild: KEYSTONE/AP/JOCKEL FINCK
Ein Entscheid des Bundesgerichts zum Luzerner Polizeigesetz hat möglicherweise Auswirkungen auf andere Kantone. In einem Vorstoss aus dem St.Galler Kantonsrat wird aufgrund des Urteils nach der Rechtmässigkeit des Einsatzes von Gesichtserkennungssoftware durch die Kantonspolizei gefragt.

Bereits in mehreren Kantonen setzt die Polizei bei Ermittlungen auf Gesichtserkennungssoftware. Seit 2021 wird im Kanton St.Gallen das schwedische Produkt Griffeye verwendet, wie die Kantonspolizei gegenüber Keystone-SDA einen Bericht der NZZ vom letzten November bestätigt.

Die Software könne aus Bilddaten, die in einem Strafverfahren gesichert wurden, «Gesichtsdaten detektieren, die mit den restlichen gesicherten Bilddaten oder sogenannten erkennungsdienstlichen Fotoaufnahmen abgeglichen werden».

So werde etwa geprüft, ob eine verdächtige Person bereits polizeilich bekannt ist «oder auf welcher Route die Täterschaft geflohen ist». Eingesetzt werde das Programm nur bei schweren Straftaten wie Raubüberfällen, Tötungsdelikten oder schweren Sexualdelikten und im Auftrag der Staatsanwaltschaft.

Die St.Galler SP-Kantonsrätin und Strafrechtsprofessorin Monika Simmler hatte den Einsatz von Gesichtserkennungssoftware in den letzten Jahren wiederholt kritisiert. Dazu fehle die Rechtsgrundlage, argumentierte sie etwa in einem Beitrag der «Rundschau» von 2022. Der damalige St.Galler Polizeikommandant entgegnete, es gelte bei diesem Thema nicht nur den Datenschutz, sondern auch andere öffentliche Interessen zu berücksichtigen.

Thema wieder aufgenommen

Nun gibt es erneut kritische Fragen zum Einsatz der Software: Es sei höchst fraglich, «ob heute eine ausreichende formell-gesetzliche Grundlage» für das Handeln der St.Galler Kantonspolizei bestehe, heisst es im Vorstoss der drei FDP-Kantonsräte Ruben Schuler, Alexander Bartl und Martin Stöckling aus der Wintersession des St.Galler Kantonsrats.

Die Parlamentarier beziehen sich auf ein Urteil aus Lausanne zum Luzerner Polizeigesetz vom 17. Oktober. Erstmals nehme dort das Bundesgericht Stellung zur Rechtmässigkeit von automatisierter Gesichtserkennungssoftware. Es stelle fest, dass es sich dabei «um einen schweren Grundrechtseingriff» handle, für den es eine gesetzliche Grundlage brauche.

Die Kantonsräte wollen nun von der Regierung wissen, ob sie die bisherige Praxis als rechtmässig erachte. Und: «Woraus ist für die Bürger ersichtlich, welche Gesichtsdaten auf welche Weise mit welchen Datenbanken abgeglichen werden?»

Ziegers Meinung: Datenschutz darf keine Schutzmauer für Kriminelle sein

Wer den Schutz persönlicher Daten über den Schutz der Gesellschaft stellt, spielt den Kriminellen direkt in die Hände. Es darf nicht sein, dass Täter durch einen zu weit getriebenen Datenschutz in der Schweiz quasi Immunität geniessen.

Technologien wie Gesichtserkennung sind keine Bedrohung für die Privatsphäre unbescholtener Bürger – sie sind ein Werkzeug, um Straftaten aufzuklären und die Gesellschaft sicherer zu machen.

Wer nichts zu verbergen hat, muss auch nichts befürchten.

Es ist verstörend, dass sich der Widerstand gegen diese Technik oft auf hypothetische Missbrauchsszenarien stützt, während die realen Opfer von Verbrechen im Stich gelassen werden.

Moderne Verbrechensbekämpfung verlangt den Einsatz modernster Technik. Die Polizei benötigt Werkzeuge, die es ermöglichen, in der digitalen, anonymen Welt effektiv zu arbeiten.

Gesichtserkennung bietet die Chance, schwere Straftaten wie Raub, Terrorismus oder Missbrauch schneller zu klären. Dabei gelten strenge gesetzliche Vorgaben, und die Daten werden ausschliesslich zweckgebunden genutzt.

Ein überzogener Datenschutz, der Verbrecher schützt und die Strafverfolgung behindert, ist ein Sicherheitsrisiko für uns alle.

Es ist Zeit, diesen ideologischen Ballast abzuwerfen und die Möglichkeiten der Technologie mutig zu nutzen – im Interesse einer sichereren Schweiz.

Stephan Ziegler, Chefredaktor stgallen24

Was meinen Sie? Schreiben Sie uns an redaktion@stgallen24.ch

Keystone-SDA
Demnächst