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Stadt St.Gallen
31.10.2024

Schreien und Pöbeln am Bohl – Alltag?

Archivbild
Archivbild Bild: Stadt St.Gallen
Die Suchtkranken, die sich an bestimmten Orten in der Stadt aufhalten, machen immer wieder lautstark auf sich aufmerksam. Aber es wird wohl nirgends so schlimm sein wie am Marktplatz.

Schreitet man über den Marktplatz, so kommen einem immer wieder die unglaublichsten Beleidigungen an die Ohren. Darunter Bezeichnungen wie «Koks-Hure» und «Schlechte Mutter». Im kollektiven Gedächtnis der Stadt scheint das längst Alltag zu sein.

Denn die Suchtkranken, die ihren Tag vor dem Coop am Marktplatz verbringen, streiten sich lautstark, werfen Büchsen und pöbeln sich und die harmlosen Passanten an. Insbesondere für Kinder sind die Umstände mittlerweile nicht mehr tragbar, wie das «Tagblatt» schreibt. Der Coop reagierte längst, indem häufiger Sicherheitspersonal aufgeboten wird.

Was bleibt, ist der Eindruck einer Unsicherheit.

Auf Anfrage des Tagblatts sagt Sonja Lüthi, die zuständige Stadträtin, dass die Stadt kein Sicherheitsproblem hat. Allgemein sei es hier für Einheimische und Besucher gleichermassen sehr sicher. Wenn sich Randständige negativ verhalten würden, so falle dies auf. Dadurch entstünde schnell der Eindruck eines grossen Problems, auch wenn in Tat und Wahrheit nur ein verschwindend kleiner Teil tatsächlich ein Problem sei.

Regine Rust, Geschäftsleiterin der Suchthilfe, bläst ebenfalls in dieses Horn. Insgesamt seien es drei oder vier Personen, die an einer psychischen Grunderkrankung leiden und auffallen. Das Trinken von Alkohol würde enthemmen und die Erkrankung durchbrechen lassen. Es könne beängstigend sein, wenn sie dann laut schreien oder mit sich selbst reden.

Gleichzeitig zeigt sie aber auch mit dem Finger auf die übrige Bevölkerung. Das Verständnis solle nachgelassen haben. Der Umgang werde ablehnender. Man müsse bei den Vorfällen darin unterscheiden, ob diese einmalig oder wiederkehrend sind. Im Notfall sei es aber immer eine Idee, die Polizei zu holen.

Die Randständigen wollen am alltäglichen Leben teilhaben.

Deswegen sei der Marktplatz eine Art Hotspot, wenn man so will. Die Suchtkranken können sich vielleicht keinen Kaffee leisten, aber trotzdem wollen sie sitzen und zuschauen; der Mensch sei ein soziales Wesen. Doch das passt nicht allen Passanten. So sollen die Randständigen auch schon von Personen aus der übrigen Bevölkerung belästigt worden sein. Beispielsweise Jugendliche, die die Suchtkranken anschauen und auslachen. Das sei schade und verletzend, so Rust weiter.

Auch die Stadtpolizei beobachtet die Lage. Mit Augenmass intervenieren und die Balance zwischen sozialer Unterstützung und dem Aufrechterhalten der Ordnung finden und halten. Das ist der Grundsatz. Meistens beruhige sich die Situation aber auch von selber wieder. Der Eindruck, dass der Bohl ein Hotspot sei, könne falsch sein und durch den sogenannten Bestätigungsfehler entstehen. Das bedeutet, dass man Dinge, die man glaubt, schneller wahrnimmt und sich in der Meinung bestätigt fühlt. Informationen, die aber nicht passen, werden einfach rausgefiltert.

Fabian Alexander Meyer
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