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Kommentar
Sport
28.07.2023
28.07.2023 17:20 Uhr

«Wer ernten will, muss erst den Samen streuen»

Junge Spielerinnen am Ball.
Junge Spielerinnen am Ball. Bild: zVg/SC Brühl
Der Blick auf den Frauen- und Mädchenfussball in der Stadt St.Gallen zeigt: Die Entwicklung stockt, die Politik ist sich uneinig und zu tun gibt es vieles. Ein Kommentar.

Die grösste Stadt der Ostschweiz ist in Sachen Mädchenfussball – bezogen auf den Breitensport – ziemlich schwach vertreten. Es gibt zwei Angebote, eines davon funktioniert gerade so (stgallen24 berichtete).

Das Problem? Die Infrastruktur fehlt, das Engagement auch. Der Ball liegt bei den Clubs und der Stadt, die die nötige Entwicklung Hand in Hand angehen müssen.

Der SP/Juso/PFG-Vorstoss ist also Gold wert. Es brauchte dieses Ausrufezeichen, um der Politik den nötigen Schubs zu geben, dass sie sich der «Baustelle» Frauen- und Mädchenfussball annimmt. Nicht bloss das: Die Forderungen der linken Seite wurden medial abgehandelt und das Scheinwerferlicht fiel mit der laufenden Weltmeisterschaft zu einem denkbar guten Zeitpunkt auf den Frauenfussball.

Nur: Was die Motion verlangte, war beim besten Willen zu hoch gegriffen. Die SP/Juso/PFG-Fraktion forderte einen Kredit, damit eine städtische Fachstelle geschaffen wird. Für die Vereine sind Anlaufstellen beim Ost- oder Schweizerischen Fussballverband sinnvoller, und das erwähnte Geld sehe ich in andere Ressourcen besser investiert: Da sind Trainer und deren Ausbildung ein guter Anfang.

Weiter setzt eine Änderung des Anlagennutzungsreglements am falschen Ort an. Der Eingriff in die Vereinsstruktur würde einen Fortschritt im Mädchenfussball geradezu forcieren. Durch meine eigene Vereinserfahrung als aktive Fussballerin in der 2. Liga weiss ich, wie eine solche Massnahme viele Clubs abschrecken kann. Der Sport ist auf den eigenen Willen der Verantwortlichen – den vier städtische Clubs bereits zeigen – angewiesen, damit ein Hebel bewegt und nicht nur das «Nötigste» getan wird.

Die Stadt kann die Vereine weder sich selbst überlassen noch zu fest eingreifen. Es muss ein Miteinander sein. Wenn das Interesse bei den Mädchen geweckt ist – für 20 Plätze kamen 42 Mädchen in das Probetraining des KF Dardania – sollte auch die nötige Plattform geboten werden.

Wie geht es von hier aus weiter? Die Europameisterschaft in der Schweiz und St.Gallen ist so etwas wie ein Fixpunkt in der nahen Zukunft. In den nächsten zwei Jahren werden sicherlich nicht weniger Mädchen einen Ball am Fuss haben wollen. Das Postulat und die anstehende Sitzung mit Stadtrat Mathias Gabathuler machen jedoch mehr den Eindruck von Worten, denen nicht so schnell Taten folgen werden – angesichts des knappen Zeithorizonts ein undankbares Schicksal.

Der Blick auf die nationale Liga, die Schweizer Nati und das globale Level an der aktuellen Weltmeisterschaft zeigt: Wer ernten will, muss erst den Samen streuen.

Simea Rüegg/stgallen24
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