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28.07.2023
28.07.2023 16:23 Uhr

Fehlende Garderoben – Mädchen müssen umgezogen ins Training kommen

Fussballfreudigen Mädchen fehlt die Plattform.
Fussballfreudigen Mädchen fehlt die Plattform. Bild: SC Brühl
Der Frauenfussball erhält gerade so viel Aufmerksamkeit wie noch nie. Auch in St.Gallen ist die Nachfrage und das Interesse gross, aber am passenden Angebot mangelt es stark – auch die Infrastruktur lässt zu wünschen übrig.

Frauenfussball in der Stadt St.Gallen ist überschaubar. Da gibt es in der höchsten Schweizer Liga die FC St.Gallen Frauen, die mit U-Teams vielversprechenden Nachwuchs fördern. Dann gibt es den FC Winkeln im Westen, der seit Jahren – auch mit Abtwil-Engelburg – Mädchenteams führt, aktuell in den Kategorien FF-12, -15 und -19. Und da ist der Zusammenschluss vierer Vereine.

KF Dardania, FC Fortuna, FC St.Otmar und SC Brühl schlossen sich 2022 zusammen und bieten ein FF-12- sowie zwei FF-15-Teams an, die unter dem Namen Dardania präsentiert werden und auf der Kreuzbleiche trainieren. Der SCB selbst verfügte seit 2021 über ein Juniorinnenteam, das jedoch lediglich trainierte. Jetzt nehmen die Spielerinnen am Wettbewerbsbetrieb teil.

Der Betrieb funktioniert gerade so

Es fehlen Plätze und Garderoben, die Mädchen kommen umgezogen ins Training. In den Anlagen teilen sich zwei Garderoben eine Dusche, sodass für ein Mädchenteam gleich zwei Kabinen gesperrt werden müssten. Das schränkt die Kapazität des restlichen Vereins ein.

Hier setzt das Viererkollektiv an: Die Vereine, deren Infrastruktur nicht hundertprozentig ausgelastet sind, helfen den Clubs wie dem SC Brühl, der bereits in allen Kategorien Kapazitätsprobleme hat. Dasselbe gilt für die Spielfelder. Schliesslich kämpfen alle städtischen Juniorenteams, der Fussball genauso wie Randsportarten, mit einem Mangel an Grünflächen.

KF Dardania ging auf den SC Brühl zu, um gemeinsam ein Männerteam aufzustellen. Das Projekt scheiterte aus reglementarischen Gründen. Die zweite Überlegung kam und man entschied sich, im Mädchenbereich zusammenzuspannen: «Die Entstehung des Juniorinnenangebots war ein Glücksfall», wie der Brühler Juniorenobmann Quoc-Vinh Truong erklärt.

Freude am Ball: 42 Mädchen besuchten das Probetraining – 20 Plätze sind verfügbar. Bild: SC Brühl

Das einzige Stadt-St.Galler Mädchenfussballangebot kämpft um Garderoben. Optionen sind beispielsweise die neue Leichtathletikanlage, die man nutzen will, oder eine Sanierung der Anlage Lerchenfeld. Ein Gespräch mit Truong zeigt: Die Bestrebungen sind im Gange. «Wir suchen laufend Trainingsmöglichkeiten, für die FF-12 konnten wir auf dem Espenmoos etwas freischaufeln.»

«Echte Förderung von Frauen- und Mädchenfussball»

Auf die politische Agenda kam das Thema, weil die SP/Juso/PFG-Fraktion im Zuge des städtischen EM-Kredits ihre Stimme erhob. Als einer von acht Austragungsorten der Europameisterschaft 2025 im Gastgeberland Schweiz hiess das Stadtparlament St.Gallen einen Betrag von 2,8 Millionen Franken gut. 150'000 Franken davon sollten zur Förderung des Frauenfussballs eingesetzt werden. Das sei aber keine echte Förderung, kam prompt das Urteil der SP/Juso/PFG-Fraktion.

Also folgte einen Vorstoss, der «Echte Förderung von Frauen- und Mädchenfussball» fordert. Die drei Grundanliegen darin sind:

  • Viel mehr Infrastruktur in Form von Trainingsplätzen und Garderoben.
  • Anpassung im «Reglement über die Nutzung der Schul-, Sport- und Freizeitanlagen»: Für eine Bewilligung müssen Vereine dem Frauen- und Mädchenfussball ausreichende Kapazität auf den Plätzen bieten und aktive Inklusion betreiben.
  • Eine Fachstelle für Frauen- und Mädchenfussball, die sich verwaltungsintern einsetzt.

Im Juni machte sich der Stadtrat ein Bild davon und entschied, die Motion in ein Postulat umzuwandeln. Einzig für den ersten Punkt hat die Politik eine Antwort: Die fehlenden Kapazitäten auf den Sportanlagen seien bekannt und entsprechendes Handeln in die Wege geleitet.

Politik und Vereine müssen handeln: Den Juniorinnen bleibt nur das Zuschauen von der Seite. Bild: Zoe Rüegg

Die Forderungen zwei und drei allerdings sprengen den Rahmen, in dem sich die Politik bewegen will. Enttäuschung seitens der Initiantinnen, aber auch Frustration zeichnet sich ab. Denn: Jetzt muss erst ein Bericht über die Situation verfasst werden, was Zeit braucht. Akute Taten sind vorläufig auf Eis gelegt.

Halle durfte nicht benutzt werden

Und tatsächlich: Der Frauenfussball – allen voran der Juniorinnenbereich – ist auf die Zusammenarbeit mit der Politik angewiesen. Nach den Sommerferien treffen sich Vereinsvertretungen mit Stadtrat Mathias Gabathuler zu einer Sitzung. «Wir müssen alle gemeinsam gehen und etwas aufbauen», unterstreicht Truong seitens des SC Brühls. Das Ziel sei nicht, drei Knabenteams aufzulösen, sondern für die Mädchen ein Zusatzangebot zu schaffen. Dazu gilt es, die Kapazität abzuschätzen. Und die Stadt muss die bestehenden Anlagen dem Mädchenfussball zur Verfügung stellen. Denn: «Eine Halle durften wir nicht benutzen.»

Der nächste Schritt ist also ein Gespräch – exakt das, was die SP mit ihrem Vorstoss verhindern wollte. Quoc-Vinh Truong ist nicht der einzige, der lediglich eine lose Diskussion mit der politischen Seite befürchtet. Eine Diskussion, die – so ganz nebenbei – hauptsächlich dank einiger Zeitungsartikel auf den Tisch gerufen wurde.

Der SC Brühl legt sich also einen Plan B zurecht. Als grösster Verein im Osten St.Gallens soll irgendwann ein Mädchenteam unter dem Namen der Kronen laufen. Die Brühler ziehen Gespräche mit Mörschwil in Erwägung, um mehr zu machen und nicht auf dem Ist-Zustand zu verweilen. Die Richtung ist klar: Es muss gehandelt werden.

Simea Rüegg/stgallen24
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