Einmal führte ich die Schumacherzunft aus Zürich. St.Gallen war Gast beim „Sechseläuten“ gewesen. Der Zunftmeister fragte: „Kommen Sie auch zum Essen; ich hätte noch einige Fragen.“ Die Führung war deutschsprachig, und ich lehnte sofort ab: „Ihr wollt doch unter Euch sein.“ Regierungsrat Karl Mätzler wollte ihn begrüssen. Der Zunftmeister schob mich vor und sagte: „Sie hat eine top Führung gemacht; ich würde gerne beim Essen mit ihr diskutieren.“ Ich lehnte noch einmal dankend ab; aber Mätzler hüstelte sauersüss: „Chömed Sie nu, äs hätt schono äs Würschtli für Sie.“ Das wurde dann zu Hause zu einer steten Redensart!
Eines Tages hörte ich auf dem Telefonbeantworter: „Her Majesty wird die Stiftsbibliothek und die Kathedrale besuchen.“ Ich rief sofort zurück, als sich niemand meldete, glaubte ich an einen Scherz. Dann rief mich Cornel Dora an. Er sollte besagte Führung am 24.Mai 1998in der Stiftsbibliothek machen und ich in der Kathedrale. Der Bischof und ich hätten eine Prinzessin aus Thailand am Eingang begrüssen sollen. Der Bischof weilte aber damals in Rom. An seiner Stelle wartete Generalvikar Anton Thaler mit mir auf die Prinzessin. Sie kam in einem Cadillac mit grosser Entourage.
Aus dem Auto kamen zuerst zwei Turnschuhe, dann eine Frau in einfachem Jackettkleid und schliesslich Männer, die um den Wagen herum rannten und ihr in ein Rucksäckli halfen. Thaler stiess mich an mit der Bemerkung: „Du, ist das eine Prinzessin?“ Diese war dann jedoch sehr interessiert und machte Notizen. Am Schluss schenkte sie uns einen Kugelschreiber. Thaler flüsterte etwas irritiert: „Sind wir in Afrika?“ Als ich später eine neue Mine brauchte, sagte die Verkäuferin: „Sie, tragen Sie dem Sorge, der ist aus Gold und trägt das Wappen des thailändischen Königshauses.“
Einige Zeit später kam der Aussenminister von Thailand nach St.Gallen, den ich im Restaurant „Gallusplatz“ abholen musste. Als ich dorthin kam, sagte Hans Sistek: „Die haben eine Rangordnung; da müssen Sie sich durchsetzen. Der oberste Chef trinkt Château Mouton Rothschild, der unterste Wasser.“ Sofort kam eine Sekretärin: „Are you the guide? We are a little bit late; just have a cup of tea.“ Der Wirt jedoch kam mit einem Glas auf einem Tellerchen mit Spitzendeckeli: „O, we know her; I bring her a Glass of Champagne.“
In der Bibliothek erklärte ich, dass alle Pantoffeln tragen müssten, worauf der Botschafter befahl: „Not him!“ Ich schlüpfte dann in meine Pantoffeln mit der Bemerkung: „Everybody, even me!“ Der Minister schlüpfte ohne Umstände zu machen in die Pantoffeln. So war es immer: Die Nummer Eins war nett und unkompliziert; die Nummern zwei und drei waren oft eklig. Beim Einschreiben ins Gästebuch, sah der Minister auf meinem Kugelschreiber das königliche Wappen, was mir drei Verbeugungen einbrachte.
Mary Robinson, die Präsidentin Irlands, war 1994 nach St.Gallen gekommen, um den Freiheitspreis von Max Schmidheiny entgegen- zunehmen. Ihr lang gehegter Wunsch, die Stiftsbibliothek zu besuchen ging dank der Organisatoren der internationalen Management - Gespräche in Erfüllung. Einer der Mitbegründer des „St.Gallen Symposium“ war Wolfgang Schürer, der immer wieder Gäste nach St.Gallen brachte, beispielsweise die Partner der Nobelpreisträger. Er leistete viel für die Kultur St.Gallens und tat viel für mich und meinen Mann.