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25.08.2021
26.08.2021 10:01 Uhr

Hier werden Mikroverunreinigungen effizient beseitigt

Die Anlage zur Elimination von Mikroverunreinigungen wird endlich in Betrieb genommen.
Die Anlage zur Elimination von Mikroverunreinigungen wird endlich in Betrieb genommen. Bild: PD
Die beiden Kläranlagen St.Gallen-Hofen und Steinach-Morgental haben am Mittwoch eine zusätzliche Reinigungsstufe in Betrieb genommen. Neu werden mit Hilfe von Ozon auch kleinste Spuren von Medikamenten, Chemikalien, Waschmitteln, Kosmetika und Farben fast vollständig aus dem Wasser gefiltert.

Medikamentenrückstände, Chemikalien in Textilien, Waschmittel, Kosmetika und Farben, viele dieser Stoffe findet man bei Proben in unseren Gewässern wieder. Zwar meist in sehr geringen Spuren (Millionstel- bis Milliardstelgramm pro Liter) aber dennoch nachweislich messbar und für die Natur mit teils noch unbekannten, belastenden Auswirkungen. Aufgrund der tiefen Konzentrationen werden die Spurenstoffe deshalb als Mikroverunreinigungen bezeichnet. Diese entfalten ihre möglichen toxischen Effekte auf Gewässerorganismen meist langfristig, quasi schleichend, so dass es anspruchsvoll ist, den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung detailliert aufzuzeigen.

Bereinigung von Mikroverunreinigungen

Rückstände von organischen Chemikalien werden in den zentralen Abwasserreinigungsanlagen nicht oder nur teilweise entfernt und gelangen mit dem gereinigten Abwasser in die Gewässer, wo sie sich nachteilig auf Wasserlebewesen und Trinkwasserressourcen auswirken. Um die Belastung durch solche Mikroverunreinigungen aus dem Abwasser zu reduzieren, müssen ausgewählte Kläranlagen bis ins Jahr 2036 mit einer vierten Reinigungsstufe nachgerüstet werden.

Sowohl die ARA St.Gallen-Hofen als auch die ARA Steinach-Morgental mussten gemäss der im Jahr 2014 revidierten neuen Gewässerschutzgesetzgebung eine dementsprechende, zusätzliche Reinigungsstufe bauen. Aufgrund der bereits gebauten Druckleitung wurde eine gemeinsame Anlage erstellt. Diese kann kostengünstiger und effizienter betrieben werden als zwei separate Eliminationsstufen. Nach drei Jahren Bauzeit wird die Anlage endlich in betrieb genommen. Mit einer maximalen Geschwindigkeit von 900 Litern Abwasser pro Sekunde befreit sie das Wasser von den Mikroverunreinigungen

Erste gemeinsame Anlage in der Schweiz

Schweizweit einzigartig ist die Kombination der beiden Abwasserreinigungsanlagen St.Gallen-Hofen und Steinach-Morgental zur Elimination der Mikroverunreinigungen. Nachdem 2014 die Ableitung Hofen-Morgental nach Steinach eingeweiht wurde und die neue Seeleitung in Betrieb ging, ist es erstmals möglich, die Elimination von Mikroverunreinigungen in nur einer Verfahrensstufe für zwei Abwasserreinigungsanlagen (ARA) auszuführen.

Nach den Vorstudien und Abklärungen wurde entschieden, dass sich die Technologie der Ozonierung mit biologischer Nachbehandlung gegenüber der mit Aktivkohle besser eignet. Mit dieser Methode werden 80 Prozent der Mikroverunreinigungen beseitigt. Die 25x62 Meter grosse Anlage wird im dafür vorgesehenen südlichen Teil der ARA Steinach-Morgental ideal platziert. Von dort wird das gereinigte Abwasser nach kurzem Weg der Seeleitung zugeführt. Der bauliche Aufwand wird so deutlich reduziert und die Gesamtkosten auf 22.5 Millionen Franken gesenkt.

Hanspeter Bauer von der ARA St.Gallen-Hofen und Roland Boller von der ARA Steinach-Morgental informierten über die EMV Bild: Patrice Ezeogukwu

Wasser reinigen mit Ozon

Bei der Elimination von Mikroverunreinigungen (EMV) in Steinach-Morgental arbeitet man mit der Ozonierung. Mit diesem Verfahren wird zuerst flüssiger Sauerstoff in Ozon umgewandelt. Dieser Prozess ist sehr strom intensiv. Der äusserst reaktionsfähige Stoff wird dann in das Wasser eingeblasen und spaltet die gefährlichen Rückstände. Mit Hilfe von Wärme wird das übrig gebliebene Ozon zerstört. Das behandelte Wasser kommt dann in die biologische Nachbehandlung. Dabei zerfressen im Quarzsand sitzende Bakterien die verkleinerten Moleküle. Danach fliesst das bereinigte Wasser in den Bodensee. Wie viele der Mikroverunreinigungen letztendlich eliminiert werden kommt auf den Stoff drauf an. Im Durchschnitt sollte es jedoch 80 Prozent sein.

  • Das Pumpwerk befördert das Abwasser der beiden ARA. Bild: Patrice Ezeogukwu
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  • Aus Sauerstoff wird im Ozongenerator Ozon hergestellt Bild: Patrice Ezeogukwu
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  • Die Anlage wird maximal mit 900 Litern Abwasser pro Sekunde betrieben. Bild: Patrice Ezeogukwu
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  • Eine ARA kann auch optisch ansprechend sein. Bild: Patrice Ezeogukwu
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  • Hier wird der Rest der MV von den Bakterien zerfressen. Bild: Patrice Ezeogukwu
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Aquarium zur Kontrolle von Ozon

Da man die Technologie der Ozonierung verwendet, besteht unter anderem die Gefahr, dass Ozon austreten könnte oder dass zu viel Ozon im Wasser vorhanden ist. Deswegen hat man verschiedene Kontrollmassnahmen ergriffen: Zum einen wird die Menge an Ozon, welche in das Wasser geblasen wird kontrolliert und zum anderen wird gemessen, wie viel Ozon nach der Ozonierung übrig bleibt. Dann gibt es auch noch eine etwas unübliche Kontrollmassnahme: Ein Aquarium. Im Gebäude der EMV steht ein von regionalen Fischen bewohntes Aquarium, welches mit dem frisch gereinigten Wasser versorgt wird. Dort würde man anhand der Fische sofort merken, falls etwas mit dem Wasser nicht stimmen sollte.

  • Ein Aquarium zur Kontrolle des Wasser ist auch vorhanden. Bild: Patrice Ezeogukwu
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  • In Zusammenarbeit mit den kantonalen Fischzüchtern leben Fische aus der Bodensee-Region im Aquarium. Bild: Patrice Ezeogukwu
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Subventioniert durch den Bund

Gemäss der revidierten Gewässerschutzgesetzgebung kann der Bund bis zu 75 Prozent der Investitionskosten übernehmen. Zur Finanzierung dieser Beiträge erhebt der Bund vorübergehend eine Abwasserabgabe von neun Franken pro Einwohner und Jahr. ARA, welche die zusätzliche Reinigungsstufe bereits gebaut haben, werden von der Abwasserabgabe befreit. Nach der Inbetriebsetzung der MV-Eliminationsanlage ist zukünftig jedoch aufgrund der Betriebskosten sowie des nicht subventionierten Anteils der Investitionen mit mehr als neun Franken pro Einwohner und Jahr zu rechnen. Die restlichen 25 Prozent der Baukosten wurden von den beiden ARA St.Gallen-Hofen und Steinach-Morgental getragen, wobei die ARA St.Gallen-Hofen 60 Prozent trug und die ARA Steinach-Morgental 40 Prozent.

Erhaltung und nachhaltige Nutzung

Langfristig nimmt die Biodiversität in der Schweiz stetig ab, deshalb sei ein naturverträgliches Handeln nötig. Gezielte Massnahmen und Förderprogramme tragen zur Umsetzung einer ökologischen Verkettung bei, in dem Lebensräume und Schutzgebiete erhalten bleiben. Hier leistet das Projekt EMV einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung der ökologischen Vernetzung. Da der Prozess der EMV relativ viel Strom verbraucht, wurde auf dem begrünten Dach eine grossflächige Photovoltaikanlage installiert. Damit erzeugt die ARA mehr Strom, als sie verbraucht. Der Reststrom fliesst in das öffentliche Netz ein.

  • Das Dach wurde mit einer 1400 Quadratmeter grossen PV-Anlage ausgestattet. Bild: Patrice Ezeogukwu
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  • Das Treppenhaus wird mit Bildern vom Unterwasser-Fotografen Robert Hansen dekoriert. Bild: Patrice Ezeogukwu
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pez/pd
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