Silentparty.ch ist ein Partyorganisationsunternehmen, das sich auf sogenannte Silent Partys – Feten mit Musik über Kopfhörer statt aus Boxen – spezialisiert hat. Geführt wird es vom 46-jährigen St.Galler Ueli Gut.
Ueli Gut, wie sind Sie auf die Idee gekommen, Silent Partys zu organisieren beziehungsweise das Equipment dafür anzubieten?
Meine erste Silent Party habe ich etwa vor 25 Jahren selber gemacht. In meinem Freundeskreis hatten wir alle einen Walkman. Wir sind dann mit diesen zusammen in die Ferien, haben den gleichen Radiosender ausgewählt und so eine Silent Party gefeiert. Später wurde es dann möglich, das Equipment für Silent Partys im grossen Stil zu produzieren. Das habe ich dann relativ früh mitbekommen und die erste grössere Silent Party der Schweiz in St.Gallen veranstaltet. Das war vor zwölf Jahren.
Auf die Idee von vor 25 Jahren sind Sie selber gekommen?
Ja, ich hatte damals schon einen Walkman und habe meinen Freunden gesagt, sie sollen sich für die Ferien auch einen kaufen. Wir waren dann zusammen schlitteln und hatten den gleichen Sender eingestellt. Wir mussten den zwar immer wieder wechseln, wenn Nachrichten kamen, aber vom Feeling her war es schon eine Silent Party: Zusammen den gleichen Sound hören. Damals war es aber eher noch ein Scherz.
Ich habe heuer zum ersten Mal von Silent Partys gehört. Ist die Anzahl der Partys in den letzten Jahren gestiegen?
Ja, vor allem in der Ostschweiz hatte es oft solche Veranstaltungen. Es brauchte eine Weile, bis genügend Leute davon erfahren haben. In der Schweiz ist man generell eher skeptisch gegenüber Neuem. Hier höre ich von Leuten, die noch nie an einer Silent Party waren, immer wieder die Meinung: «Aber da tanzt doch jeder für sich» und «Niemand redet miteinander». Das sind Argumente, die eigentlich hinfällig sind, denn sie treffen überhaupt nicht zu. Man muss zuerst einmal an einer Silent Party gewesen sein, weil man die Vorteile dann schnell erfasst und merkt, dass das Ganze einfach cool ist.
Geht durch eine Silent Party nicht der Charakter einer Party verloren? Das Reden mit anderen, das Kennenlernen von neuen Leuten, das hat man bei einer Silent Party doch nicht, oder?
Nein überhaupt nicht. Wie schon gesagt, man muss mal an einer solchen Party gewesen sein. Ich bin zwar nicht neutral, aber ich behaupte, dass alle, die schon mal einer Silent Party gewesen sind, sagen, dass es «huere geil» war. An einer Silent Party hat man drei DJs und kann frei zwischen diesen wechseln. Wenn man dann reden und neue Leute kennenlernen will, kann man die Kopfhörer absetzten und miteinander sprechen. Diese Möglichkeit hat man in einer Disco nicht. In einer Disco ist man zu dritt dort – zwei können zusammen reden, der Dritte versteht dann schon nichts mehr. Das sieht man auch bei einer Silent Party: Wenn Gruppen kommen, nutzen sie es, dass sie zwischendurch miteinander reden können. Auch das Feeling vom Miteinander-Tanzen ist total vorhanden. Mit den Kopfhörern ist man so im Film von der Disco. Man hat super Klang, ist sofort in der Welt der Musik, und es wird gleich getanzt. Wenn eine Silent Party anfängt, dann geht es von 0 auf 100 sofort los. Es ist nicht so, dass man sich denkt: «Wann geht endlich der Erste auf die Tanzfläche?» Es geht wirklich von Anfang an los, und es herrscht immer eine super Stimmung. Es ist auch immer lustig, die Kopfhörer herunterzunehmen, weil man dann die Leute singen hört. Und das klingt ziemlich schief! Dadurch, dass sie sich selber nicht hören, klingt der Gesang recht witzig.
Das stell ich mir lustig vor. Aber wie hat sich das Corona-Jahr auf die Silent Partys ausgewirkt? Ich kann mir vorstellen, dass es einige geheime Silent Partys gegeben hat, um von den Nachbarn nicht entdeckt zu werden. Hat sich das positiv auf das Geschäft ausgewirkt oder keinen Unterschied gemacht?
Sowohl als auch. Einerseits hatte ich viele Absagen, weil es viele Partys gab, die nicht durchgeführt werden konnten, also wie bei anderen Veranstaltern. Als es dann aber gewisse Lockerungen gab, hat man mir die Bude eingerannt! Viele Veranstalter haben eine Daydance Silent Party organisiert. Zum Teil hatte ich auch Anfragen von Privaten, die Party machen, aber nicht entdeckt werden wollten. Diesen habe ich bewusst keine Kopfhörer herausgegeben.
Was für Menschen zieht man mit so einer Silent Party an? Sind es die gleichen wie bei einer normalen Party oder kommen auch eher introvertierte Personen beziehungsweise solche, die eigentlich nicht gerne an eine Party gehen?
Also mit Introvertiertheit hat das nichts zu tun. Das Party-Volk ist total unterschiedlich. Je nachdem, was veranstaltet und angeboten wird. Manchmal gibt es jüngeres Publikum, zum Teil gibt es Partys, bei denen die Altersklassen recht durchmischt sind. Es kommt immer auf die Location an, wer es veranstaltet und wie man es kommuniziert. Zum Beispiel haben wir auf einem Zürichsee-Schiff Partys gemacht. Dort hatte es wirklich alles – von 18-Jährigen bis zum Rentner... Es ist wirklich querbeet. Das sind dann auch die schönsten Partys meiner Meinung nach. Wenn nicht nur ein kleines Klientel da ist, sondern alles Mögliche, wird untereinander getanzt – auch die älteren Personen mit den jüngeren. Solche Sachen erlebt man. Die kennen sich zum Teil nicht mal. Aber jeder hat gute Laune.
Also vermischen sich bei Silent Partys auch die Altersgruppen?
Zum Teil. Es muss nicht immer so sein, aber es funktioniert auch sehr gut. Was ein Klassiker ist, ist eine Hochzeit. Dafür werden wir auch gut gebucht, weil man eben mit zwei oder drei Musikkanälen mehr Leute ansprechen kann. Dort treffen auch zwei Familien zusammen. Daher gibt es dort solche, die sich eher kennenlernen wollen, und andere, die Party machen wollen. Mit einer Silent Party kann man beides im gleichen Raum machen.
Finden Silent Partys regelmässig statt oder nur jährlich?
Es gibt Klubs, die schalten ihre Boxen einmal im Jahr nicht ein und veranstalten eine Silent Party. Ich habe verschiedene Kunden, die das einmal im Winter machen. Das hat dann meistens nichts mit Lärmvermeidung zu tun, sondern man macht es eher wegen des Styles. Im Raum St.Gallen gibt es aber ständig Silent Partys. Zum Beispiel veranstaltet «Schwarzmatt Music» solche immer wieder unter dem Namen Muted. Auch die Leute, die kommen, sind regelmässig da. Sie sind fast schon Stammkunden und feiern das richtig.
Und wie ist es für die DJs, an so einer Silent Party zu sein?
Es ist auch als DJ eine spannende Sache. Man ist ja nicht alleine: Drei DJ-Pulte stehen auf der Bühne – und alle legen gleichzeitig auf. Es gibt auch eine kleine Battle unter den DJs – wer kann das Publikum auf seine Seite ziehen? Was auch noch anders als bei «normalen» Partys ist: Die DJs haben keine Monitorboxen, sondern müssen über Kopfhörer vorhören. Das ist für den DJ noch speziell.
Also ist auch für DJs eine coole Sache?
Ja, auf jeden Fall. Es ist auch interessant, dass man beim anderen DJ reinhören kann, um zu sehen, was der gerade so bringt.
Was ist bis jetzt der spektakulärste Ort gewesen, an dem so eine Silent Party stattgefunden hat?
Da gibt es verschiedene. Unsere erste Silent Party war ganz legendär: Bahnhof St.Fiden, Gleis 1. Die Polizei wollte unsere angemeldete Party kontrollieren, um zu schauen, was wir so machen, hatte aber Mühe, uns zu finden … Sie suchten nach Musik, haben jedoch nichts gehört. Als sie uns dann fanden, erzählten sie, dass sie schon eine Weile gesucht hätten.
Eine Silent Party ist sicher auch für Polizisten speziell.
Ja, sie fanden es lässig und etwas Neues – etwas, womit man keine Probleme hat. Und sonst gab es auch schon viele coole Dachterassen-Partys in der Innenstadt. Das kann man ja normalerweise aufgrund von Lärmproblemen nicht machen. Oder After-Partys - mit einem mobilen Sender zusammen einen Hügel erklimmen, um den Sonnenuntergang anzusehen. Es gibt verschiedenste Highlights!