Ja, das muss sein: In unserem Rechtsstaat ist es Usus, dass Schussabgaben durch die Polizei durch ein Strafverfahren untersucht werden. Die Staatsanwaltschaft hat die Untersuchungen nun abgeschlossen und ihre Erkenntnisse an das Kreisgericht zur Beurteilung übergeben.
Dass das Gericht nun den Sachverhalt prüft, schliesst auch einen möglichen Vorwurf an die Staatsanwaltschaft aus, sie suche nur nach Rechtfertigungsgründen, weil Polizei und Staatsanwaltschaft im Alltag ja sehr eng zusammenarbeiten.
Dass es dabei zu einem Schuldspruch kommen wird, ist unwahrscheinlich. Denn die beiden Beamten haben in Notwehrhilfe gehandelt, sprich sie mussten unverzüglich eingreifen und versuchen, das Opfer irgendwie zu retten. Hier dürfte ein Freispruch zu erwarten sein.
Sicher ist dieser aber nicht: Die Anklage könnte argumentieren, es hätten auch nicht-tödliche Schüsse, etwa auf die Beine, gereicht, um den Berserker zu stoppen. Das mag in der Theorie stimmen, in der Praxis, buchstäblich im Eifer des Gefechts, ist ein zögerliches Abwägen fehl am Platz. Hier ging es um Sekunden, in denen gehandelt werden musste. Das Opfer hat zu dieser Zeit noch gelebt!
Es bleibt zu hoffen, dass das Gericht das auch so sieht. Nicht nur sind die beiden Einsatzkräfte durch das auch für sie traumatisierende Erlebnis schon gestraft genug; eine Verurteilung wäre auch ein Signal an alle Polizisten: Zaudern ist wichtiger als Leben retten.
Und wer könnte es danach Polizisten verübeln, wenn sie in einer ähnlichen Situation zögerten, weil sie sich erst die Konsequenzen vergegenwärtigen müssten? Das kann weder im Sinne des Gesetzes noch im Interesse von uns allen sein.
Trotzdem ist es richtig, dass der Vorfall genau untersucht wird; das gehört sich in einem Rechtsstaat so. Denn auch die Angehörigen des jungen Täters haben ein Recht darauf zu erfahren, warum genau so und nicht anders gehandelt wurde.
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