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Kanton
12.05.2021
19.05.2021 14:16 Uhr

Vernetzungsprojekt zwischen Sitter und der Goldach

Milch, Obst und Direktvermarktung sind die wichtigsten Standbeine von Familie Sager.
Milch, Obst und Direktvermarktung sind die wichtigsten Standbeine von Familie Sager. Bild: St.Galler Bauernverband
Vernetzungsprojekte sind erfolgreiche Instrumente zur überbetrieblichen Förderung der Biodiversität. Mit der Trinkwasser-Initiative sind diese erfolgreichen Projekte gefährdet.

Biodiversitätsförderung ist wesentlich effizienter, wenn sie von mehreren Bauernfamilien geplant und umgesetzt werden. Voraussetzung für das Funktionieren eines sogenannten Vernetzungsprojektes ist eine möglichst flächendeckende Teilnahme der Bäuerinnen und Bauern. Das Vernetzungsprojekt zwischen Sitter und der Goldach liegt in einem sehr fruchtbaren Gebiet. Ertragreiche Böden und regelmässige Niederschläge machen die Region zu einem idealen Gebiet für den Anbau von Obst, Beeren und Grünfutter. 153 Betriebe beteiligen sich an diesem Vernetzungsprojekt.

Grundvoraussetzung zur Teilnahme

Vernetzungsbeiträge und Beiträge für Ressourcenschutz können nur beantragt werden, wenn auch der ökologische Leistungsnachweis erfüllt ist und damit grundlegende Massnahmen zur Förderung der Ökologie gemacht werden. Teilnehmer eines Vernetzungsprojektes müssen sich einzelbetrieblich beraten lassen und sich finanziell am Projekt beteiligen. Die Maximaldistanz zwischen den Objekten zur Förderung der Biodiversität beträgt 200 Meter. Regionstypische Tierarten, sogenannte Ziel- und Leitarten werden im Vernetzungsprojekt dank angepasster landwirtschaftlicher Nutzung gefördert.

Braunes Langohr bis Geburtshelferkröte

Als Zielart im Vernetzungsprojekt zwischen Sitter und der Goldach sind das braune Langohr, der Gartenrotschwanz und die Geburtshelferkröte definiert. Für diese Arten wurden in den vergangenen Jahren zusätzliche Lebensräume bzw. Förderflächen angelegt, Dazu kommen unzählige Nistmöglichkeiten für Fledermäuse und Höhlenbrüter, die eigens für bestimmte Tierarten geschaffen wurden. Um die Nahrungsgrundlage zu erhöhen wurden extensiv genutzte Wiesen mit der Einsaat von standortgerechten Wiesenblumenmischungen aufgewertet und rund 900 Meter Hecken gezielt mit dornentragenden Sträuchern ergänzt.

Gesamtes Ökosystem profitiert

Für die Region charakteristische Leitarten sind Feldhase, Neuntöter, Rauchschwalbe, Zauneidechse, Erdkröte, Feldgrille, Silberscheckenfalter, Schachbrettfalter und das Grosse Glühwürmchen. Durch die aktive Förderung dieser Arten und die Aufwertung deren Lebensräume profitiert das ganze Ökosystem. Neu angelegte Stein- und Asthaufen, Einzelsträucher, Einheimische standortgerechte Einzelbäume oder die zusätzliche Pflanzung von regionstypischen Hochstammfeldobstbäumen helfen mit, die in dieser Region vorkommenden Arten zu fördern oder zumindest deren Rückgang zu verhindern.

Wird die Trinkwasser-Initiative angenommen, würde Familie Sager aus dem Vernetzungsprojekt aussteigen und den Betrieb weiter intensivieren. Bild: Brigitte Frick

Beratung hilft bei der Umsetzung

Die obligatorische Einzelberatung hat zum Ziel, den Besonderheiten auf den jeweiligen Bauernhöfen gerecht zu werden. Zusammen mit den Landwirten wird eruiert, welche Massnahmen auf den Betrieb passen und gleichzeitig einen möglichst hohen ökologischen Mehrwert bringen.

Durch die einzelbetrieblichen Beratungen wurde unter anderem erreicht, dass sämtliche Biodiversitätsförderflächen der teilnehmenden Betriebe Zusatzkriterien oder Qualitätsstufe II der Direktzahlungsverordnung erfüllen und dadurch als ökologisch besonders wertvoll gelten. Die Aufklärung der Landwirte über mögliche Massnahmen weckt gleichzeitig deren Interesse, in der täglichen Arbeit mehr Rücksicht auf die in ihrem Gebiet vorhandenen Arten zu nehmen.

Vernetzung auf dem Betrieb Sager

Familie Sager führt in Lömmenschwil einen Familienbetrieb und ist seit Projektbeginn Mitglied des Vernetzungsprojektes zwischen Sitter und der Goldach. Der Betrieb ist sehr vielseitig aufgestellt. Die Milchproduktion als wichtiges Standbein wird ergänzt durch die Obst und Beerenproduktion. Die Produkte des Hofes werden zu einem beachtlichen Teil direkt vermarktet. Die Vermarktung im Hofladen, auf dem Bauernmarkt und der Direktlieferservice bietet die Möglichkeit, persönlich mit den Kunden in Kontakt zu kommen.

Die Kunden schätzen die hohe Produktequalität und vertrauen auf die nachhaltige Produktion. Betriebsleiter Ivo Sager wurde durch die Teilnahme am Vernetzungsprojekt animiert, sich vermehrt mit der Biodiversitätsförderung auseinander zu setzen. Auf den rund 700, zum Teil sehr alten und grossen Hochstammfeldobstbäumen hat er Nistmöglichkästen aufgehängt und das Nahrungsangebot für Vögel, Fledermäuse oder etwas das Glühwürmchen mittels Einsaat von Blumenwiesen verbessert. Weitere Fördermassnahmen wie die Einsaat von weiteren Blumenwiesen werden noch dieses Jahr umgesetzt.

Ivo Sager setzt auf seinem Hof auf biologische wie auch konventionelle Pflanzenschutzmassnahmen. Beim Pflanzenschutzeinsatz wird der Ökologie grosse Beachtung geschenkt. Der Schutz der Nützlinge und der Produktionsgrundlage Boden ist dabei selbstverständlich. Um die hohe Qualität der Produkte beizubehalten, ist Familie Sager zwingend auf Massnahmen angewiesen, die nicht den Forderungen der beiden extremen Agrarinitiativen entsprechen.

Auswirkungen der Trinkwasserinitiative

Bei einer Annahme der Trinkwasser-Initiative sind Landwirtschaftsbetriebe gezwungen, sich für die Produktion von hochwertigen Lebensmitteln mit Verzicht auf Direktzahlungen oder für die Extensivierung zu entscheiden.

Ein Verzicht auf Direktzahlungen hätte einen schmerzlichen aber verkraftbaren finanziellen Einfluss auf den Betrieb der Familie Sager. Ivo Sager ist überzeugt, dass er nach der Annahme der Trinkwasserinitiative das eigene Futter seiner Milchkühe bedarfsgerecht mit zugekauftem Futter ergänzt und er seine Kulturen falls nötig mit gezieltem Einsatz von nützlingsschonenden Pflanzenschutzmitteln vor Umwelteinflüssen schützt. Er wird dadurch keine Direktzahlungen mehr erhalten und damit aus dem Vernetzungsprojekt aussteigen. Die eingesäten Blumenwiesen werden der Futterproduktion und ein Grossteil der Hochstammfeldobstbäume Intensivobstanlagen weichen müssen.

Wenn viele Bauern aus dem Vernetzungsprojekt aussteigen, bedeutet dies das Ende des Projekts, weil die Verbindungen zwischen den Objekten fehlen. Das wäre ein herber Rückschlag für die Biodiversität und die Landschaftsqualität in der gesamten Region.

Neu angelegte Obstbäume. Bald werden sie grösser und einen ökolo-gisch noch grösseren Wert bekommen. Bild: Brigitte Frick
PD
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