Wenn die Sonne scheint, steht bei den allermeisten Zeitgenossen das Barometer auf hoch. Zu den Ausnahmen zählte Martin A., dessen Augen auf sehr helles Licht ausgesprochen empfindlich reagierten. Obgleich mit Anfang 40 noch relativ jung, stellte er bei der abendlichen Bettlektüre fest, dass der Text bisweilen verschwamm. Derartige Sichtprobleme erschwerten auch nächtliche Autofahrten. «Manchmal nahm ich die Umgebung wie durch einen Schleier wahr», erinnert sich Martin A.
Er führte die unangenehmen Momente auf Übermüdung zurück. Dass etwas mit seinen Augen nicht stimmte, erfuhr er eher zufällig. Eine hartnäckige Entzündung im rechten Auge veranlasste ihn, einen Augenarzt aufzusuchen. Dieser liess ihn nach der Behandlung mit Augentropfen wissen, dass er rechts einen Grauen Star hatte – ziemlich ungewöhnlich für sein Alter, da diese Linsentrübung normalerweise erst im höheren Lebensalter auftritt. Da sich die Trübung weiter verstärken werde, empfahl ihm der Arzt, einen Augenchirurgen zu konsultieren und eine sogenannte Katarakt-Operation ins Auge zu fassen.
Linsen nehmen gelbliche Färbung an
Katarakt ist die wissenschaftliche Bezeichnung für den Grauen Star, der bei jedem Menschen auftreten kann. «Diese Linseintrübung liegt in der Natur der Sache, sie macht sich allerdings eher im fortgeschrittenen Alter bemerkbar», sagt der St.Galler Augenchirurg Daniel Mojon. Dabei nehmen die Linsen eine gelbliche Färbung an, was auch dazu führen kann, dass blaue Farbtöne schlechter wahrgenommen werden, Umrisse verblassen und wie im Falle von Martin A. grelles Licht nur schwer erträglich ist. «Teilweise spielen auch Faktoren wie Ernährung, Rauchen, Diabetes und eine erbliche Vorbelastung eine nicht zu unterschätzende Rolle», gibt Mojon zu bedenken. Bleibt er unbehandelt, kommt es immer zur Erblindung, wobei die Sehverschlechterung oftmals sehr langsam verlaufen kann.
Die Gesellschaft altert, und damit wird auch der Graue Star künftig zahlenmässig zulegen. Derzeit zählt die Kataraktoperation, die sich «meist problemlos und hochgradig sicher» behandeln lässt, Mojons Worten zufolge zu den weltweit am häufigsten vollzogenen Eingriffen. Alleine in der Schweiz wird jährlich etwa 100 000 Mal die trübe Linse entfernt und im nächsten Schritt durch eine Kunstlinse ersetzt. Um dem Grauen Star von Anfang an den Riegel zu schieben, sei es auch möglich, sich die noch nicht eingetrübte Augenlinse durch eine Kunstlinse ersetzen zu lassen. «Damit kann man der ab dem 40. Lebensjahr auftretenden Alterssichtigkeit ein Schnippchen schlagen», so Daniel Mojon.
Diesem natürlichen Prozess unterlägen alle Menschen, da es mit den Jahren für die Augenlinsen schwieriger werde, sich auf unterschiedliche Entfernungen einzustellen. Die Elastizität der Linse nehme altersbedingt ab, in der Nähe befindliche Objekten können deshalb nicht mehr scharf abgebildet werden.
Kataraktoperationen einst und jetzt
Noch vor zwei Jahrzehnten war eine Kataraktoperation «keine besonders exakte Angelegenheit, da man weniger zielgenau operieren konnte wie heute. Zudem gab es die Vielfalt an künstlichen Linsentypen für die verschiedenen Bedürfnisse damals noch nicht», sagt Mojon. Deswegen führte nach der Operation kein Weg an der Brille vorbei. Während damals für den Eingriff ein sechs Millimeter langer Schnitt mit Naht nötig war, genügen heute 1,6 Millimeter, wodurch das chirurgische Trauma stark verringert wird.
Staroperationen sind schmerzfrei und dauern nicht länger als zehn Minuten. Vom Eintritt in die Klinik bis zum Verlassen muss man mit insgesamt zwei Stunden rechnen. Vorgängig werden Anästhesie- und Pupillentropfen verabreicht. Mittels Ultraschallsonde wird die getrübte Linse fragmentiert und abgesaugt. Anschliessend erfolgt die Einsetzung der Kunstlinse. Beim VIP-Verfahren ist auch kein Augenverband mehr nötig.
Sehhilfe oder möglichst keine? Das ist die Frage, die Daniel Mojon so beantwortet:Zu den drei Patiententypen zählen jene, die so stark mit ihrer Brille «verwachsen» sind, dass sie auch künftig eisern daran festhalten, solche, die nach dem Eingriff lediglich für den Nah- oder Fernbereich auf eine Brille zurückgreifen möchten, und schliesslich diejenigen, die im Alltag möglichst ohne Brille leben wollen.
Die Wahl der geeigneten Speziallinse
Wer völlig brillenfrei leben möchte, kann sich diesen Wunsch meist erfüllen. Das kann mit Kosten verbunden sein, wenn die jeweils benötigten Speziallinsen von der Krankenversicherung nicht bezahlt werden. Sogenannte Mehrbereichslinsen etwa schlagen nach Abzug des Krankenkassenbeitrags mit etwa 5000 Franken für beide Augen zu Buche. Bei einer ausgeprägten Hornhautverkrümmung kommen sogenannte torische Linsen zum Einsatz, da man sonst auf Sehhilfen angewiesen ist. Diese sind für beide Augen rund halb so teuer. «Den meisten Patienten können sphärische Linsen empfohlen werden», resümiert Daniel Mojon. Gewisse Menschen können von asphärischen profitieren, die einige hundert Franken pro Auge kosten. Zurück zu Martin A.: Er trug vor seiner Star-operation einige Jahre lang Kontaktlinsen und schätzt weiterhin die Vorzüge von Linsen. Dank Mehrstärkenkunstlinsen für alle Distanzen kann er auf eine Sehhilfen verzichten. Als sehr angenehm empfindet Martin A. übrigens, dass ihn heute selbst starkes Sonnenlicht, einst eine Qual, kaum mehr stört.