Die Klarsicht AG, an der sich gegen 70 Investoren beteiligt haben, hat die Satirezeitschrift Nebelspalter aus Horn übernommen. Als Verwaltungsratspräsident amtet der St.Galler Konrad Hummler; Markus Somm ist neuer «Nebi»-Chefredaktor. Was für Pläne verfolgt der Zürcher Medienunternehmer mit dem Ostschweizer Traditionsblatt?
Markus Somm, Gerüchten in der hiesigen Medienszene zufolge haben Sie den Nebelspalter nur gekauft, weil Sie am Portal nebelspalter.ch interessiert waren.
Das ist ein Irrtum: Ich war an der Marke «Nebelspalter» interessiert, eine der weltweit ältesten überhaupt, und definitiv die älteste Medienmarke der Schweiz. Die Nebelspalter-DNA gefällt mir, er hat immer gegen links und gegen rechts ausgeteilt – hart, mutig und mit viel Humor. Das ist eine ungeheure Leistung – gerade während der Zeit des Dritten Reiches und des Kalten Krieges.
Es heisst, nebelspalter.ch soll zu einem schweizweiten Newsportal werden, losgelöst von der Nebelspalter-Printausgabe.
Das stimmt – und stimmt nicht. Wir wollen zuerst den digitalen Nebi im März neu lancieren; die Idee ist es, eine Newsplattform mit Recherchen, Interviews und Kommentaren anzubieten, die zu 80 Prozent seriös, zu 20 Prozent satirisch berichtet. Und zwar mit Texten, Bildern, Karikaturen, Podcasts und Videos. Die Printausgabe hingegen wird mittelfristig neu durch einen seriösen Teil ergänzt, ich denke hier an eine Mischung von etwa 50 zu 50 Prozent. Als Vorbilder bewundere ich «Private Eye» aus Grossbritannnien oder «Le Canard enchaîné» aus Frankreich. Diese Blätter decken Missstände gnadenlos, aber faktenbasiert auf, durch investigative Recherchen und unerschrockene Reporter, und vergessen dabei den Humor nicht.
Leidet denn die bürgerliche Seite unter einem Humordefizit?
Und unter einem Sympathiedefizit, eindeutig! Die Linken bringen es viel besser fertig, sich als «modern» und «sympathisch» zu positionieren, auch wenn sie miserable und veraltete Rezepte auftischen. Wir Bürgerliche dagegen versuchen redlich, aber erfolglos, durch Fakten zu überzeugen, was oft trocken und unattraktiv daherkommt. Wir mögen zwar recht haben, es gelingt uns aber kaum, das gut zu verkaufen.
Der Aufschrei in der linken Medienszene war schrill, als bekannt wurde, dass Sie das Traditionsblatt übernommen haben. Man befürchtete ein «rechtsgerichtetes Satireformat».
Nichts Neues unter der Sonne. Der linke Mainstream legt meistens zweierlei Masstäbe an: Hat sich irgendjemand aufgeregt, als die «Republik» gegründet wurde? Da hat sich auch keiner darum gesorgt, ob es dafür im Markt auch Platz gebe oder ob die Republik genügend Leser findet, die linken Journalismus möchten. Bei uns kümmern sich alle fast rührend um die Frage, ob es für uns neben der «NZZ» und der «Weltwoche» noch Leser zu holen gebe. Dabei wählen 70 Prozent der Schweizer nach wie vor bürgerlich – ein gigantisches Potenzial! Es wäre doch gelacht, wenn ein bürgerlich-liberaler Nebelspalter hier keine begeisterten Leser finden könnte. Die DNA des Nebi war im Übrigen so gut wie immer bürgerlich, kaum je links – das scheinen einige Journalisten geflissentlich zu übersehen.
Aber ist es nicht riskant, gerade jetzt ein Magazin neu zu lancieren? Alle Medien verlieren Leser.
Gewiss, der Strukturwandel in den Medien trifft uns alle. Ein Problem aber, das manche Verleger unterschätzen, liegt darin, dass die meisten Journalisten links ticken und damit auch die meisten Medien in diesem Sinn prägen. Auch deshalb haben alle Zeitungen in den vergangenen Jahren Leser eingebüsst, auch deshalb hat das Vertrauen in die Medien so gelitten. Manchen Journalisten ist das wohl bekannt. Deshalb behaupten sie nun plötzlich, es gebe gar keine bürgerlichen Wähler, also auch keine solchen Leser, nur linke Medien seien gefragt. Was für ein Unsinn! Die meisten Journalisten schreiben nicht für den Leser, sondern für ihresgleichen, damit sie in ihrer Blase gelobt und bestätigt werden. Das macht sie betriebsblind. Diesen Nebel wollen wir spalten. Jede Zeitung, die nicht dem linksliberalen Mainstream verfallen ist, bedeutet eine Bereicherung für die Meinungsvielfalt in der Schweiz. Und darum geht es doch. NZZ, Weltwoche, nun der Nebi: Es ist Zeit, dass sich die Bürgerlichen wieder in den Medien finden!
Sie haben den LEADER vergessen.
Genau, auch der LEADER, ja. Unser Ziel ist es – wie Ihres auch –, relevante Informationen zu bringen, die andere nicht haben oder den Lesern vorenthalten wollen. Dabei nehmen wir eine Perspektive ein, die sonst im Mainstream nicht vorkommt, nämlich eine dezidiert liberale, im Zweifel wirtschaftsfreundliche, immer radikaldemokratische. Denn die linke Interpretation der Welt ist nicht die einzig mögliche. Die Leser merken das sehr wohl und goutieren das auch nicht wirklich, müssen aber mangels Alternative diese fade Kost zu sich nehmen.