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Stadt St.Gallen
25.02.2021
25.02.2021 16:23 Uhr

Häusliche Gewalt: Frauenhaus spürt Krise noch immer

Wenn das vertraute Heim zu einem Ort der Gewalt wird.
Wenn das vertraute Heim zu einem Ort der Gewalt wird. Bild: Joanne Adela Low
Das Frauenhaus St.Gallen wurde im ersten Lockdown regelrecht überrannt und viele Frauen suchten dort Schutz vor Gewalt. Wie sieht die Lage nach einem Jahr aus?

Die eigenen vier Wände sind lange nicht immer ein Hort von Friede und Sicherheit: Bereits in der ersten Corona-Welle wurde befürchtet, dass häusliche Gewalt durch die angespannte Situation zunehmen könnte.

Arbeitslosigkeit, Lockdown, Home-Schooling – viele Familien standen in den letzten Monaten vor grossen Herausforderungen, Überforderung und Unsicherheiten. Das spürte besonder das Frauenhaus St.Gallen. Bei den Kindern kam es teilweise zu Überbelegungen und das Telefon klingelte ununterbrochen, erzählte Silvia Vetsch, Leiterin des Frauenhaus, noch vor einigen Monaten. 

Mittlerweile befindet sich die Schweiz bereits im zweiten Lockdown und noch immer ist der Alltag vieler Familien und Paare stark eingeschränkt. Silvia Vetsch geht von mehr häuslichen Gewalt aus wegen Corona, wie sie im Interview erzählt.

Erhalten Sie mehr Anfragen von Menschen in Not?
Die Anfragen haben gegenüber den Vorjahren zugenommen und ich würde sagen, dass diese um einen Drittel während Corona gestiegen sind. Bei uns handelte es sich vorwiegend um Fragen in Bezug auf häusliche Gewalt.

Sind sie von finanzieller Natur, oder in Bezug auf die Beziehung in der Familie, in Bezug auf ihr soziales Umfeld, in Bezug auf das Homeoffice, in Bezug auf den Verlust des Arbeitsplatzes?
Es sind verschiedene Faktoren, die zusammenkommen: Finanzielle Sorgen, Angst den Arbeitsplatz zu verlieren, Verlust der sozialen Kontakte und räumliche Nähe haben dazu geführt, dass Beziehungsprobleme und häusliche Gewalt innerhalb der Familien zugenommen haben. Die gewaltbetroffenen Frauen haben von vermehrten psychischen Belastungen innerhalb der Familie berichtet.

Was bedeutet Isolation für gewaltbetroffene Frauen?
Für die gewaltbetroffenen Frauen war es insbesondere während des ersten Lockdowns nicht ganz einfach, sich Hilfe zu holen, da die Kontrolle durch die ständige Präsenz der gewaltausübenden Personen enorm war.

Wie geht es den Kindern? Kommt man an ihre Nöte heran? Finden die Kinder die Hilfe, die sie brauchen?
Den Kindern hat häufig der «normale» Alltag gefehlt. Die Schule ist ein wichtiger Teil ihres Alltags oder auch der Besuch eines Vereins usw. Ein grosses Thema war auch die Gestaltung der Freizeit, da vieles nicht mehr möglich war (Hallenbad, Schlittschuhlaufen usw.)

Würden Sie sagen, dass Gewalt im Corona-Jahr angestiegen ist?
Wir gehen davon aus, dass es zu mehr Gewalt gekommen ist. Die statistischen Zahlen werden jedoch erst im Frühling veröffentlicht.

Zum Schluss eine persönliche Frage an das Frauenhaus: Wie spüren Sie die Corona-Pandemie in Bezug auf Ihre Hilfestellung?
Für die Frauenhäuser war es ein sehr intensives Jahr, weil wir auch betroffen waren von Quarantäne und Isolation. Gleichzeitig arbeiten viele alleinerziehende Mütter in den Frauenhäusern. Im Frühling 2020 ist von einem Tag auf den anderen, die Betreuungsstruktur weggefallen. Dadurch war die Corona-Zeit von vielen Personalengpässen begleitet, währenddessen die Anzahl Anfragen gestiegen ist. Gleichzeitig war das Frauenhaus St.Gallen im 2020 sehr gut bis überbelegt.

Brauchen Sie Hilfe?

Das Frauenhaus St.Gallen ist weiterhin geöffnet und für Sie da. Melden Sie sich telefonisch oder per Mail,
wenn Sie häusliche Gewalt erleben und Schutz, Hilfe und Unterstützung brauchen.
Tel. 071 250 03 45
info@frauenhaus-stgallen.ch

Opferhilfe SG – AR – AI
Auch die Opferhilfe ist weiterhin für Sie da. Die Opferberatungen finden per Telefon, Mail oder online statt.
Tel. 071 227 11 00
info@ohsg.ch
www.ohsg.ch

Polizeinotruf für Soforthilfe vor Ort:
Tel. 117

Patricia Rutz/Toggenburg24/stgallen24
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