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Kultur
10.12.2025
10.12.2025 12:19 Uhr

Einer für alle – und alle auf der Bühne

Florian Rexer und sein Team zeigen eine moderne und unterhaltsame Fassung der Musketiere
Florian Rexer und sein Team zeigen eine moderne und unterhaltsame Fassung der Musketiere Bild: zVg
Florian Rexers Wintertheater präsentiert mit «Die drei Musketiere» eine kraftvolle, zeitgemässe Bühnenfassung des Klassikers, getragen von einem Ensemble aus Profis und talentierten Nachwuchsdarstellern aus der Ostschweiz. Premiere ist am 11. Dezember im Kulturforum Amriswil.

Das Ostschweizer Wintertheater wagt sich erneut an einen Klassiker und liefert einen energiegeladenen, überraschend aktuellen Theaterabend ab. Regisseur Florian Rexer und sein spielfreudiges Ensemble präsentieren «Die drei Musketiere» als raffiniertes Theater im Theater, das Sinnlichkeit, Humor und handwerkliche Präzision verbindet. Langweilig wird es keine Minute.

Neue Perspektive auf alte Helden

Rexer, künstlerischer Leiter der Schlossfestspiele Hagenwil, versteht es wie kaum ein anderer, professionelle Schauspieler und leidenschaftliche Laien zu einem stimmigen Ensemble zu verbinden. In seiner Inszenierung wird das berühmte Motto «Einer für alle, alle für einen» nicht nur erzählt, sondern gelebt. Bereits zum vierten Mal bringt er ein Werk der Weltliteratur auf die Wintertheater-Bühne – und erneut gelingt ihm eine erfrischende Lesart.

Über 25 Personen wirken mit, darunter zahlreiche Jugendliche aus der Ostschweiz Bild: zVg

Statt romantisch-verklärtem Mantel-und-Degen-Pathos zeigt Rexer eine zeitgerechte Neuinterpretation, die sich bewusst von überholten Heldenbildern löst. Dramaturg Stefan Gritsch, der zugleich als Musketier auf der Bühne steht, hat dafür eine kompakte, lebendige Theaterfassung geschrieben – konzentriert auf Charaktere, Konflikte und Tempo.

Ein Internat der Streitkunst

Die drei Musketiere sind hier keine historischen Haudegen, sondern Privatlehrer an einer Kadettenschule, die ihren Schülern Disziplin und Fechtkunst vermitteln. Kampfchoreograf Jean-Loup Fourrure, international tätig und mit grossen Namen der Film- und Theaterwelt vertraut, bringt die Bühne zum Klingen: Die Fechtszenen sind präzise, dynamisch und auf der kleinen Spielfläche beeindruckend nahbar.

Florian Rexer lebt und arbeitet in St.Gallen Bild: Archiv

Musikalisch zeigt sich das Ensemble vielseitig: Harfe, Klavier, Gitarre, Akkordeon – vieles wird live gespielt. Besonders berührend ist das Duett von Claire und d’Artagnan: «Ich wär so gerne ein Musketier». Ein Moment, der unter die Haut geht.

Ein blauer Knalleffekt

Doch Rexer wäre nicht Rexer, wenn die Inszenierung damit genug hätte. Kurz vor der Pause greift die fiktive Kulturbeauftragte der Stadt sowie eine Regisseurin unerwartet in das Bühnengeschehen ein – eine ironische, hochkomische Brechung, die man besser erlebt, als sie zu verraten. Nur so viel: Das Publikum erlebt sein «blaues Wunder».

Produzent ist Andreas Müller, Kulturbeauftragter der Stadt Amriswil und Betreiber eines Kulturhauses in St.Gallen. Gemeinsam mit Rexer bespielt er vier Städte in zwei Kantonen. Über 25 Personen wirken mit, darunter zahlreiche Jugendliche aus der Ostschweiz. Der Enthusiasmus der jungen Darsteller bleibt spürbar: «Es war eine harte Zeit, aber man lernt enorm viel», sagt ein Teilnehmer. «Es fühlt sich an wie eine echte Schauspielschule.»

Und tatsächlich: Genau diese Mischung aus Professionalität, Leidenschaft und Experimentierfreude macht den Abend besonders.

Aufführungen ab 11.12.25 – Premiere im Kulturforum Amriswil, danach in Frauenfeld (Eisenwerk), Weinfelden und Sirnach.
Website: www.3musketiere-wintertheater.com/auffuhrungen

Für eine Überraschung sorgt die kluge Besetzung: Aramis und d’Artagnan werden von Frauen gespielt. Besonders Sofia Müller als d’Artagnan überzeugt mit Präsenz, Mut und Charisma – kaum zu glauben, dass sie noch keine Schauspielschule besucht hat. Ihre Rolle erhält zusätzlich eine raffinierte Metaebene: Wie die junge d’Artagnan darum kämpft, Musketier zu werden, behauptet sich Müller neben ihren professionellen Mitspielern.

Eifersucht, Intrige und ein starker Gegenspieler

Die Handlung konzentriert sich auf das zentrale Motiv: Rivalität. Als d’Artagnan in die Kadettenschule eintritt und prompt die Nummer eins – Claire – besiegt, kippt Bewunderung in Neid. Claire, verletzt und ehrgeizig, läuft zum Feind über – zu Kardinal Richelieu, den Mischa Löwenberg mit brillanter Bühnenpräsenz verkörpert.

Ästhetisch präzise und atmosphärisch stark

Das Bühnenbild, reduziert und funktional verschachtelt, evoziert die höfische Welt der französischen Königszeit. Mit wenigen Farben und gezielt eingesetzten Effekten entstehen wandelbare Räume, die fast wie von Zauberhand wechseln. Die Kostüme von Barbara Bernhard ergänzen diese Welt mit Liebe zum Detail und professioneller Handschrift.

pd/stz.
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