Am 12. Dezember 1730 trifft ein Bittschreiben eines besorgten Vaters beim Stadtrat in St.Gallen ein. Der Vater, Zürcher Bürger und reformierter Pfarrer in Arbon, habe seinen Sohn «mit aller Sorgfalt auferzogen». Nun hätte er aber auf einmal alle seine Hoffnung bezüglich seines Sohnes verloren; «alle Mühe, Arbeit und Kösten, so man an ihne gewandt, umsonst»! Der Vater sieht den Sohn in die ewigeVerdammnis laufen. Doch was hat Hans Caspar Rheinacher, der Sohn des besorgten Pfarrers, verbrochen?
Rheinacher hatte im Verständnis der damaligen Zeit eine Todsünde begangen und sich in seinem achtzehnten Lebensjahr mit einer Frau sexuell vergnügt. Beide waren ledig und hatten sich damit des Delikts des ausserehelichen Verkehrs oder im Jargon der Zeit, der «Unzucht» schuldig gemacht. Das Vergehen trat ans Licht, als die St.Galler Stadtobrigkeit die Schwangerschaft der ledigen Frau bemerkte und sie daraufhin befragte. Schon bald standen die Frau, Katharina Schneider aus Lütisburg, und der Knopfmacherlehrling Hans Caspar Rheinacher vor dem Rat und mussten sich verantworten. Sie wurden für das Delikt der Unzucht beide für je sechs Tage bei Wasser und Brot ins Gefängnis gelegt. Da die Frau ihr Neugeborenes stillen musste, erhielt sie zusätzlich eine warme Brühe pro Tag.