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Stadt St.Gallen
25.12.2020

Steuerhinterziehung – kein neues Phänomen

St.Gallen in der Chronik von Johannes Stumpf,1548
St.Gallen in der Chronik von Johannes Stumpf,1548 Bild: PD
Unterlagen im St.Galler Stadtarchiv beweisen, dass Steuerhinterziehungen bereits seit dem Mittelalter vorkommen – und bestraft werden.

Die Pflicht, Steuern zu zahlen, gibt es schon seit Jahrhunderten. Ebenso lange gibt es wohl auch das Phänomen der Steuerhinterziehung. Diese lässt sich auch in St.Gallen feststellen. Hier sind erste Gesetze gegen Steuerhinterziehung seit dem Mittelalter überliefert. Steuersünder wurden besonders in Krisenzeiten, beispielsweise während des Dreissigjährigen Krieges (1618-1648), gebüsst.

Philips Wouwerman, Reiterkampf vor einem brennenden Schloss. Die Eidgenossenschaft war während des Dreissigjährigen Krieges nicht von Kriegshandlungen betroffen, litt aber unter finanziellen Schwierigkeiten, weil wichtige Absatzmärkte darniederlagen. Bild: Stadtarchiv SG

Diese Häufung entstand wohl nicht, weil zu jener Zeit mehr Bürger Vermögen hinterzogen als sonst, sondern weil die städtische Steuerbehörde genauer hinsah. In Zeiten, in denen sich die Stadt vor zusätzlichen Kosten und leeren Kassen fürchtete, wurden nicht nur Sondersteuern erhoben, es wurde auch vermehrt nach versteckten Vermögenswerten gesucht. So wurde beispielsweise Heinrich Locher mit einer Busse von 2200 Gulden belegt, Jakob Rheiners Erben wurden mit 500 Gulden gebüsst und Hans Wetters Erben mit 3000 Gulden bestraft.

Anhand von Stadtplänen lässt sich die genaue Route nachvollziehen, mit der der Steuermeister die Gassen abschritt und die Namen der steuerpflichtigen Haushaltsvorstände notierte. In der Hinterlauben, die hinter der Brotlaube schräg die Marktgasse verlässt, wohnten mit Kaufleuten und Bürgermeistern besonders vermögende Bürger. Bauten wie die Häuser «zum Goldapfel» und «zum tiefen Keller» zeugen heute noch davon. Stadtplan von 1671. Bild: Stadtarchiv SG

Ähnlich wie wir heute verpflichtet sind, sämtliche Vermögenswerte wahrheitsgemäss dem Steueramt anzugeben, beruhte auch früher die Steuererhebung auf Selbstdeklaration. Zur Vorbereitung davon schritt ein Mitarbeiter der Stadt sämtliche Gassen ab und notierte von jedem Haus die Haushaltsvorstände und deren Vermögenswerte.

Ausschnitt (Gasse Hinterlauben) aus dem Steuerbuch von 1671. Die Steuerpflicht betrug jeweils 0,25 Prozent des Vermögens. Friedrich Zollikofers Witwe, die 76 Gulden und 30 Kreuzer Steuern bezahlte, besass demzufolge ein Vermögen in der Höhe 30'600 Gulden. Zum Vergleich: Die Einnahmen der Stadt an direkten Steuern betrugen damals etwa 11'000 Gulden. Bild: Stadtarchiv SG

Danach verfasste der Steuermeister anhand seiner Notizen eine heute noch überlieferte Reinschrift, die Steuerbücher. Jeweils im September sass er dann während etwa einer Woche ausser sonntags jeweils von sechs Uhr morgens an im Rathaus und erwartete die Bürgerinnen und Bürger, welche zu ihm kommen und ihm unter Eid ihre Steuern aushändigen mussten.

Dorothee Guggenheimer, stv. Leiterin Stadtarchiv der Ortsbürgergemeinde
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