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Stadt St.Gallen
22.11.2020
22.11.2020 10:56 Uhr

Mit gezielten Investitionen das Wachstum fördern

René Lichtensteiger ist Acrevis-Bereichsleiter Privat- und Firmenkunden und Mitglied der Geschäftsleitung. Bild: Marlies Thurnheer
René Lichtensteiger ist Acrevis-Bereichsleiter Privat- und Firmenkunden und Mitglied der Geschäftsleitung. Bild: Marlies Thurnheer Bild: FS
Wer investieren will, sollte nicht alles aus der eigenen Tasche finanzieren. Acrevis-Experte René Lichtensteiger sagt im Interview, warum.

René Lichtensteiger, haben Sie im Zuge der Covid-Kredite eine Abnahme der klassischen Firmenkredite beobachtet?
Ja, wir haben einen deutlichen Rückgang bei neuen Firmenkrediten festgestellt und vermuten dafür zwei Gründe: Einerseits war die Investitionsfreude in dieser unsicheren Zeit sehr verhalten. Andererseits mussten Firmen, die einen CovidKredit beansprucht haben, sich verpflichten, während der Beanspruchung keine Neuinvestitionen zu tätigen.

Welchen Stellenwert hat der Firmenkredit aber in der Unternehmensfinanzierung, wenn wir Corona aussen vorlassen?
Der klassische Firmenkredit bietet bei bestehenden Unternehmen mit funktionierendem Geschäftsmodell die Möglichkeit, mit gezielten Investitionen das Wachstum zu fördern, rechtzeitig Ersatzinvestitionen zu tätigen oder neue Geschäftsfelder zu erschliessen. Wichtig dabei ist der Grundsatz, dass die Rückführung der Finanzierung aus den Erträgen der getätigten Investition erfolgen kann.

Worauf sollte ein Unternehmen hier besonders achten – es gibt ja inzwischen zahlreiche Player auf dem Markt, die Firmenkredite anbieten?
Mit der Aufnahme von Fremdkapital geht der Unternehmer eine vertragliche Verpflichtung ein. Deshalb ist es sehr wichtig, dass die Vertrauensbasis zum Vertragspartner vorhanden ist. Es kommt immer wieder vor, dass sich der ursprüngliche Plan des Unternehmens im Verlaufe der Zeit ändert. Dass unvorhergesehene Szenarien jederzeit eintreffen können, zeigt uns das aktuelle Jahr eindrücklich. In solchen Situationen ist es für den Unternehmer wichtig, dass er sich auf einen kompetenten Partner auf Augenhöhe verlassen kann. Gemeinsam wird eine für beide Seiten tragbare Lösung erarbeitet. Unsere Kunden schätzen genau diese professionelle Zusammenarbeit, die individuell und persönlich auf das jeweilige Unternehmen und dessen Umfeld abgestimmt ist.

Ist ein Firmenkredit nur bei Engpässen sinnvoll oder macht er auch Sinn, wenn die eigenen Mittel ausreichen würden?

Eine Fremdfinanzierung macht auch Sinn, wenn die eigenen Mittel grundsätzlich ausreichen würden. Eine Firma benötigt zu jedem Zeitpunkt eine Reserve von liquiden Mitteln für unvorhergesehene Ereignisse. Nur so kann auch kurzfristig reagiert und können Chancen genutzt werden. In vielen Fällen reicht dann die Zeit nicht aus, um zusätzliche Mittel zu beschaffen.

Wie gehen Sie beim Rating eines Kunden vor – und hat dieses auch Einfluss auf Zinssatz, Kreditlimite oder -dauer?
Wir setzen uns jährlich mit der quantitativen und qualitativen Situation jedes Firmenkunden auseinander. Bei Ersterer geht es insbesondere um die Analyse der Abschlusszahlen und die Beurteilung der Zukunftsaussichten. Bei den qualitativen Faktoren werden Kreditwürdigkeit, Managementqualitäten, Produkte sowie Dienstleistungen und Wettbewerbssituation eingeschätzt. Das Rating, das aus diesen Analysen hervorgeht, beeinflusst die Konditionen und die Kredithöhe.

Wie kann ein Kunde selbst einschätzen, ob er kreditfähig ist?
Er kann sich die Frage stellen, ob er in den nächsten Jahren die Fremdverschuldung aus den Erträgen seiner Unternehmung zurückführen kann. Sofern diese Frage bejaht wird, ist die Grundvoraussetzung zur Kreditfähigkeit gegeben.

Und was kann er tun, um seine eigene Kreditwürdigkeit zu verbessern?
Die Kreditwürdigkeit lässt sich mit Kennzahlen nicht messen. Mit einer offenen und ehrlichen Informationspolitik gegenüber dem Kreditgeber kann der Kunde einen soliden Grundstein für eine positive Beurteilung legen. Einem langjährigen Finanzierungspartner dürfte es aufgrund der bisherigen Zusammenarbeit auch leichter fallen, die Kreditwürdigkeit richtig einzuschätzen.

Der Gang zu einer Bank sei wie ein Bittgang, wird oft kolportiert. Was macht die Bank, um diese Hemmschwellen zu senken? Wir verstehen uns als Finanzierungspartner – mit der Betonung auf «Partner». Unsere Berater sind regelmässig beim Kunden, damit sie das Geschäft möglichst gut verstehen können. Das ist die Basis, damit eine vertrauensvolle Partnerschaft entsteht. Die sinnvollste Finanzierungslösung soll auf dieser Grundlage gemeinsam erarbeitet werden. Das Feedback unserer Kunden bestätigt uns, dass unsere umfassende und persönliche Beratung äusserst geschätzt wird.

Und wie lange muss man rechnen, bis das Geld zur Verfügung steht?
Wichtig ist es, dass die Finanzierung rechtzeitig zur Verfügung steht. Gleich zu Beginn der Gespräche wird deshalb der zeitliche Aspekt mit dem Kunden besprochen. Unsere kurzen Entscheidungswege und flexiblen Mitarbeiter erlauben uns hier einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil, von dem unsere Kunden profitieren.

Welche Fehler beobachten Sie in der Finanzierungspraxis immer wieder?
Ein grundsätzlicher Fehler besteht in der Beurteilung der Finanzierungsart: Je nach Ausgangslage müssen die Mittel als Eigen- und nicht als Fremdkapital eingebracht werden. Unsere spezialisierten Berater stehen bei allen Finanzierungsfragen mit ihrem Fachwissen zur Seite und helfen, solche Fehler frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden.

Was halten Sie von Crowdlending und -funding?
Diese neuen Finanzierungsformen verfolgen wir aktiv und betrachten diese als Ergänzung zu den klassischen Finanzierungen, die wir anbieten. Wir sehen darin jedoch keinen Ersatz für ganzheitliches Banking. Welche dieser neuen Finanzierungsarten sich inwiefern etablieren werden, wird die Zukunft zeigen.

Und spielt Mezzanine-Kapital oder Private Equity bei Ihrer Kundschaft auch eine Rolle?
Bei einer Fremdfinanzierung von einem Unternehmen wird vorausgesetzt, dass die Eigenkapitalbasis in einem gesunden Verhältnis steht. Ist eine Verstärkung des Risiko- bzw. Eigenkapitals notwendig und aus Sicht des Unternehmens direkt nicht möglich, wird teilweise durch den Kunden selbst auf Mezzanine-Kapital und Private Equity zurückgegriffen. Dies ist gelegentlich auch bei unseren Kunden der Fall.

Dieser Text von Stephan Ziegler ist aus der LEADER Ausgabe Oktober 2020. Die LEADER-Herausgeberin MetroComm AG aus St.Gallen betreibt auch stgallen24.ch.

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