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Kanton
05.12.2025

Lotteriefonds-Umbau bedroht St.Gallens Kulturszene

Kulturangebote geraten unter politischen Druck
Kulturangebote geraten unter politischen Druck Bild: sg.ch
Der St.Galler Kantonsrat plant einen Umbau des Lotteriefonds zulasten der Kultur und streicht gleichzeitig einen wichtigen Beitrag an die regionale Kulturplattform Minasa. Die igKultur Ost warnt vor schweren Folgen für Kulturschaffende, Institutionen und Publikum und kritisiert politisch motivierte Schnellentscheide, die den Kanton schwächen

Am Mittwoch reichten die Fraktionen von SVP, FDP und Mitte-EVP eine Motion ein, die eine weitreichende Veränderung der Vergabepraxis des Lotteriefonds vorsieht. Neu sollen Beiträge an Kultur, Soziales und Entwicklungszusammenarbeit auf 40 Prozent gedeckelt werden. Bislang waren 80 Prozent der Gelder für Förderzwecke vorgesehen.

Eine solche Halbierung hätte verheerende Folgen für das St.Galler Kulturschaffen: Es würden jährlich mehrere Millionen Franken fehlen. Die Motionäre ignorieren dabei, dass die Kulturförderung im ordentlichen Staatshaushalt ohnehin knapp bemessen ist und grössere Vorhaben zwingend auf den Lotteriefonds angewiesen sind – wie in den meisten Kantonen.

Mit der angestrebten Deckelung wären zahlreiche kulturelle, soziale und humanitäre Projekte gefährdet oder gar unmöglich. Das professionelle Kulturschaffen stünde auf dem Spiel. Zudem verkennt die pauschale Geringschätzung der Kultur ihren zentralen gesellschaftlichen Wert: Kultur stärkt Bildung, Identität, Innovationskraft und Selbstermächtigung der Bevölkerung.

Wie die Taskforce Culture mit Blick auf das Entlastungspaket 27 des Bundes festhält, gilt auch auf Kantonsebene: «In einer Zeit hybrider Bedrohungen und gesellschaftlicher Polarisierung ist der Schutz kultureller Infrastrukturen eine Investition in die demokratische Widerstandsfähigkeit des Landes.»

Willkürlicher Entscheid gegen die Kulturplattform Minasa

Bereits am Dienstag folgte eine bürgerliche Mehrheit einem kurzfristig eingereichten Antrag der SVP und strich den Lotteriefonds-Beitrag von 195'000 Franken für den Betrieb und die Weiterentwicklung der Plattform Minasa.

Diese zentrale Datenbank bündelt sämtliche Veranstaltungsdaten der Ostschweiz. Über sie erreichen kleine wie grosse Veranstalter, Gemeinden, Kulturförderregionen und Tourismusorganisationen während 365 Tagen ihr Publikum – rund 90'000 Anlässe pro Jahr werden so öffentlich sichtbar gemacht.

Die igKultur Ost zeigt sich darüber konsterniert – sowohl aus demokratiepolitischen als auch aus inhaltlichen Gründen. Der Antrag wurde hinter dem Rücken der Finanzkommission im letzten Moment eingebracht.

Dadurch fehlte die Möglichkeit, falsche Behauptungen und fadenscheinige Argumente des Antragstellers einzuordnen. Eine solche Vorgehensweise grenzt an Willkür und trifft ausgerechnet jene Form der Kulturvermittlung, die von traditionellen Medien kaum mehr abgedeckt wird.

Minasa ist kein wettbewerbsverzerrendes Medienprojekt, wie die SVP behauptet, sondern ein breit abgestütztes Instrument, das der gesamten Bevölkerung der Ostschweiz zugutekommt.

Staatsgefährdende Politisierung des Lotteriefonds

Dass der St.Galler Kantonsrat über jeden einzelnen Beitrag aus dem Lotteriefonds entscheidet, ist schweizweit einzigartig und macht das System anfällig für sachfremde, politisch motivierte Eingriffe – wie bereits 2024 beim «kleinsten Skilift der Welt». Beim Sportfonds hingegen entscheidet eine Expertenkommission der IG Sport ohne politischen Einfluss.

Mit der neuen Motion zur Neuverteilung der Lotteriefondsgelder treibt die bürgerliche Parlamentsmehrheit diese Politisierung nun auf die Spitze. Der vorgeschlagene Umbau fügt sich ein in eine seit Jahren verfolgte Politik von Sparpaketen und Steuersenkungen, welche die staatlichen Strukturen schrittweise schwächen.

Aufgaben, die zur Kerntätigkeit des Kantons gehören, werden weggespart und teilweise notdürftig über den Lotteriefonds finanziert – solange die Glücksspieleinnahmen fliessen.

Da Gelder aus dem Lotteriefonds jedoch keine Steuergelder sind und stark von der Spielfreude der Bevölkerung abhängen, dürfen sie nicht zweckentfremdet werden. Eine nachhaltige Politik für einen innovativen, solidarischen und selbstbewussten Kanton sieht anders aus.

Die igKultur Ost appelliert eindringlich an den St.Galler Kantonsrat, seiner Verantwortung gerecht zu werden und den Lotteriefonds nicht für politische Machtspiele zu missbrauchen.

pd/ako
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