Wer durch die Goliathgasse schlendert, riecht ihn schon von weitem – den Duft von frisch gebackenem Brot, Buttergipfeln und feinen Patisserien. Seit 1902 gehört das Café Gschwend zum Stadtbild von St.Gallen wie das Kloster oder der Marktplatz. Hier wird noch von Hand gebacken – mitten in der Altstadt, Tag für Tag, frühmorgens, wenn die Stadt schläft.
Für Wisi Signer und Guido Schildknecht, die das Traditionshaus gemeinsam mit Manuela Signer führen, ist das Handwerk mehr als Beruf – es ist Verpflichtung. «Wenn man das Café Gschwend besitzt, besitzt man ein Stück St.Galler Identität und trägt Verantwortung für die Zukunft dieser Stadt», sagt Signer.
Vom Traditionsbetrieb zur Neuorientierung
In den vergangenen Jahren standen wichtige Entscheidungen an. «Ein zentraler Schritt war, 2023 zusammen mit unserem Sohn Maurus die alten Backöfen zu ersetzen und so das Herzstück einer Bäckerei, den Ofen, warm zu halten», erinnert er sich. Ebenso entscheidend war die Auslagerung der Konditorei- und Confiserie-Produktion nach Winkeln. «Damit haben wir nicht nur die dortige Quartierbäckerei erhalten, sondern im Gschwend in der Innenstadt wieder Kapazität geschaffen.»
Heute ist das Café Gschwend die letzte Bäckerei, die noch im Herzen der St.Galler Altstadt produziert – ein Umstand, auf den die Inhaber stolz sind, der aber täglich organisatorische Herausforderungen mit sich bringt. «Was es für eine belebte Altstadt braucht, wissen viele nicht mehr», sagt Signer. «Wir backen nicht nur Gipfeli, sondern auch täglich neue Formulare. Früher haben wir Brot gebacken, heute backen wir Vorschriften.»
Die Anlieferung durch enge Gassen, fehlende Parkplätze für Servicemonteure und die strengen Auflagen der Stadt fordern das Team jeden Tag aufs Neue. «Da braucht es Geduld, wenn man morgens um fünf Uhr in der 30er-Zone Brot ausliefern will – zum Beispiel nach Rotmonten.»