Die Stadt St.Gallen führt bis Monatsende ein öffentliches Mitwirkungsverfahren zum neuen Lichtkonzept durch, das eine nachhaltige Regulierung der Aussenbeleuchtung vorsieht. Ziel ist es, sowohl den Energieverbrauch als auch die Lichtverschmutzung zu senken und eine umweltgerechte Beleuchtung sicherzustellen.
Auch vergangene positive Entwicklungen werden betont, etwa die etappenweise Umstellung der öffentlichen Beleuchtung auf stromsparende LED-Leuchten.
Aus Sicht der Jungfreisinnigen Region St.Gallen-Gossau sei damit jedoch eine Grenze überschritten. Aus nachvollziehbaren Intentionen entstehe eine regelrechte Regulierungsflut.
Die geplante Gesetzesnovelle sei derart vielseitig und komplex, dass beim Lesen des 87-seitigen Berichts zum Lichtkonzept fast Schwindelgefühle aufkommen könnten. Statt praktikable Lösungen anzubieten, würden obskure Pläne, Bewilligungspflichten und Verbote selbst kleinste Aspekte des Alltags regulieren.
Ob private Aussenbeleuchtung, dekorative Lichter, Treppenhaus- oder traditionelle Weihnachtsbeleuchtungen – alles solle detaillierten Vorschriften unterliegen. Die Stadt wolle sich offenbar praktisch in allen Angelegenheiten des Privatlebens das letzte Wort vorbehalten.
Kritik an Einschränkungen für Private
Besonders kritisch sehen die Jungfreisinnigen die vorgesehenen Einschränkungen auf privaten Grundstücken. In gewissen Gebieten solle die private Allgemeinbeleuchtung verboten sein, während selbst Dekorationen oder Werbung nur noch eingeschränkt oder mit Bewilligung erlaubt wären.
Für Privatstrassen oder Treppen seien vorgeschriebene Lichtfarben, Leuchtentypen oder Dimmzeiten vorgesehen.
Die Jungfreisinnigen sehen darin eine unverhältnismässige Einmischung: «Fiat lux – oder zu Deutsch: Es werde Licht, wie Gott (genauer gesagt die Stadt St.Gallen) sprach.» Auch der Hauseigentümerverband (HEV) der Stadt St.Gallen lehne das Vorhaben dezidiert ab.
Die Vorlage sei ideologisch überladen und fachlich mangelhaft.
Weihnachten im Dunkeln?
Vor allem die Einschränkung von Eigenverantwortung und Selbstbestimmung sei ein Kernproblem. Die Bekämpfung der Lichtverschmutzung werde als Alibi vorgeschoben, um im Kontrollwahn Freiheiten einzuschränken.
Die Jungfreisinnigen warnen, dass selbst traditionelle Weihnachtsbeleuchtungen gefährdet seien. Sollten Kinder künftig nach der fehlenden Beleuchtung des Weihnachtsbaums fragen, habe der Grinch zugeschlagen – und dieser trage, wie die Stadt St.Gallen, die Farbe Grün.
Eigentumsgarantie in Gefahr
Die Jungfreisinnigen verweisen zudem auf die Bundesverfassung. Es stelle sich die Frage, inwiefern die Eigentumsgarantie noch eingehalten werde. Diese solle Eigentümer davor schützen, dass willkürlich über ihr Eigentum bestimmt werde.
Während Einschränkungen ins Privateigentum in gewissen Fällen vorgesehen seien, werde die Bevölkerung in St.Gallen dermassen in ihrer Freiheit beschnitten, dass schon von enteignungsähnlichen Zuständen die Rede sein könne.
Polizei als Lichtkontrolle?
Die Durchsetzung des neuen Reglements sei mit etlichen Instrumenten wie Bewilligungspflichten, Betriebszeiten und Sanktionen vorgesehen. Zwar sei eine polizeiliche Durchsetzung (noch) nicht vorgesehen, doch erinnere das Vorgehen unweigerlich an dunkle Zeiten.
Der neue Artikel 23 sehe vor, dass die Polizei Verstösse mit «geeigneten Mitteln» durchsetzen könne – eine schwammige Formulierung mit viel Interpretationsspielraum.
Die Jungfreisinnigen warnen, dass die Stadtpolizei dadurch überlastet und für «allerlei Unfug» missbraucht werde.
Forderung nach pragmatischer Lösung
Anstelle der aktuellen Vorlage fordern die Jungfreisinnigen eine pragmatische, umsetzbare und praktische Lösung, die nicht am Volkswillen vorbei reguliere und zugleich das Anliegen einer umweltgerechten Beleuchtung fördere.
Das Ziel sei zwar lobenswert, doch der Zweck heilige nicht alle Mittel – der Kollateralschaden sei zu gross.
Aktuell befindet sich die Vorlage in der Vernehmlassung. Die Jungfreisinnige Region St.Gallen-Gossau ruft dazu auf, sich bis zum 31. Oktober 2025 aktiv an der Vernehmlassung zu beteiligen: www.partizipieren.stadt.sg.ch