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Stadt St.Gallen
18.09.2025
18.09.2025 11:47 Uhr

«Erika» muss HSG-Kunstsammlung verlassen

Fliege Erika im Glas-Sarkophag, flankiert von den St.Galler Konzeptkünstlern Frank und Patrik Riklin
Fliege Erika im Glas-Sarkophag, flankiert von den St.Galler Konzeptkünstlern Frank und Patrik Riklin Bild: Daniel Ammann
Nach zehn Jahren ist die konservierte Stubenfliege «Erika» aus der Kunstsammlung der Universität St.Gallen entfernt worden. Trotz einer Petition von Studenten und Professoren entschied die Kunstkommission, «Erika» nicht länger in der Sammlung zu führen. Sie ist nun in einem Banksafe der UBS untergebracht

Die Geschichte von «Erika» begann 2012 mit der Kunstaktion «Fliegen retten in Deppendorf», die das Verhältnis von Mensch und Insekt thematisierte. Ziel war es, das ambivalente Verhältnis zwischen Insekt und Mensch zu thematisieren.

Die Aktion mobilisierte ein ganzes Dorf, das 902 Fliegen rettete. 

Als Höhepunkt wurde eine Fliege namens Erika mit dem weltweit ersten Flugticket für ein Insekt in ein Hotel nach Oberbayern geflogen. Dort verbrachte sie einen «Wellness-Urlaub», bevor sie eines natürlichen Todes starb und Frank und Patrik Riklin sie für Kunst erklärten.

Für die St.Galler Künstler war klar: «Damit die Kunstaktion keine Eintagsfliege bleibt, stellten wir von Anfang an die Bedingung, dass Reckhaus sein Geschäftsmodell ändert und zum Insektenretter wird.»

So wurde «Erika» zum Symbol für ethisches Denken und Handeln im ökonomischen Kontext.

Sie sei ein Zeichen dafür, wie Kunst und Wirtschaft zusammenkommen können, um Bewusstsein zu schaffen und echte Veränderung zu bewirken.

Stubenfliege «Erika» Bild: reckhaus.com

Für Hans-Dietrich Reckhaus, Initiator der Aktion, war die Begegnung mit Frank und Patrik Riklin prägend: «Erika hat alles verändert. Ich begann, den Wert von Insekten neu zu denken – nicht als Schädlinge, sondern als essenziellen Teil unserer Ökosysteme.»

Die Aktion war der Ausgangspunkt für eine fundamentale Wende im Unternehmen Reckhaus.

Aus dem Biozidhersteller wurde ein Insektenretter: Mit dem Gütezeichen «Insect-Respect» wurden neue Standards geschaffen, die ökologische Ausgleichsflächen fördern und den Schutz von Insekten in den Mittelpunkt stellen.

«Nur wenn ich weitermache, kann ich die Branche verändern. Unsere Produkte tragen grosse freiwillige Warnhinweise, und wir haben uns zur Lobby für Insekten entwickelt», sagt Reckhaus.

Der Entscheid der HSG, das Kunstwerk nach Ablauf des Leihvertrags aus der Sammlung zu entfernen, hatte eine breite Debatte ausgelöst.

Für viele war «Erika» mehr als nur ein Objekt – sie stand für Aufbruch, Verantwortung und ein neues Verständnis von Sinnhaftigkeit in der Wirtschaft. Reckhaus fasst es so zusammen: «Erika war nie bloss eine tote Fliege, sondern ein Symbol. Egal, wo sie ist: Sie wird laut sein.»

Hans-Dietrich Reckhaus Bild: zVg

Noch ist offen, wo «Erika» künftig gezeigt wird. Für ihren Initiator steht jedoch fest, dass sie ihre Rolle als mahnendes und inspirierendes Symbol behalten wird: «Sie wird hoffentlich weiterhin erzählen, dass wir nicht immer Grösse und Wachstum mit Sinn gleichsetzen.»

stgallen24/stz.
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