Bernhard Ruchti: «Man wird richtiggehend von Musik umschlossen»
Bernhard Ruchti, es dauert nur noch sechs Tage, bis das Orgelfestival startet. Wie ist die Stimmung im Team und läuft alles nach Plan?
Die Stimmung ist sehr gut und wir haben alle eine grosse Freude an dem reichhaltigen und vielfältigen Programm. Es ist alles bereit für die Konzerte und Gottesdienste, die Orgel wird in den Tagen vor dem Festival nochmals richtig gut gestimmt und dann kann es losgehen.
Was ist Ihr persönliches Highlight, worauf Sie sich am meisten freuen?
Grundsätzlich freue ich mich auf jede einzelne Veranstaltung. Müsste ich eine herauspicken, würde es wohl die Vesper am 12. September sein: da werde ich zusammen mit Ute Gareis Minimal Music von Philip Glass spielen. Diese Musik mag ich sehr und sie klingt in St.Laurenzen sphärisch schön.
Wie sieht es mit den Tickets aus? Hat es noch welche?
Auf jeden Fall. Bei allen Konzerten ist das Mittelschiff schon gut gefüllt, aber es gibt noch Plätze, und selbstverständlich kann man auch an die Abendkasse kommen.
Die Surround-Orgel ist rund ein Jahr alt. Wie hat sich das Instrument seither entwickelt und wie wird es vom Publikum aufgenommen?
Das Schönste an diesem Projekt ist für mich, wie viele Menschen sich von diesem Instrument berühren lassen. Die Klänge kommen von der Nord-, Süd-, West und Ostseite und man wird richtiggehend von Musik umschlossen.
Unsere Orgelführungen sind sehr beliebt, die Konzerte bestens besucht, und auch internationale Gäste zeigen sich begeistert. Natürlich mussten wir anfangs noch ein paar Kinderkrankheiten der Elektronik nachjustieren, doch inzwischen hat sich die Orgel bestens akklimatisiert und ist so richtig angekommen.
Damit ist sie bereit fürs Orgelfestival. Was ist denn in diesem Jahr neu oder besonders?
Formal bleibt es bei zwei Wochen voller Musik an drei verlängerten Wochenenden, aber inhaltlich öffnen wir die Türen weit: Es gibt drei klassische Galakonzerte. Ich habe die Eröffnungs-Ehre, danach folgen der Berliner Improvisations-Virtuose Wolfgang Seifen und Kanadas Starorganistin Isabelle Demers. Dazwischen wagen wir stilistische Seitensprünge. Wir haben zum Beispiel ein Volksmusik-Ensemble zu Gast. Und es gibt ein Konzert mit Minimal Music, ein anderer Abend entführt ins Charleston-Fieber der 1920er-Jahre und an der Museumsnacht begegnet unsere Orgel sogar der Beatbox-Weltmeisterin aus Bulgarien. Kurz gesagt: mehr Klangfarben, mehr Genres, mehr Überraschungen.
Am 31. Juli war der Todestag von Franz Liszt. Welchen Bezug haben Sie persönlich zu Liszt und spiegelt sich das im Festival wieder?
Liszt begleitet mich seit meiner Studienzeit. In meinem Forschungs- und Aufnahmeprojekt «A Tempo» habe ich seine Werke auf historische Tempi untersucht, seine gewaltige Fantasie und Fuge «Ad nos, ad salutarem undam» eingespielt und 2021 ein Buch zur Aufführungspraxis veröffentlicht.
Liszt war ein Klangvisionär, der Räume in Musik verwandelt hat. Genau das ermöglicht auch unsere Surround-Orgel. Darum erklingt im Eröffnungskonzert eine neu an den Kirchenraum angepasste Fassung seiner berühmten Hommage an Johann Sebastian Bach: Präludium und Fuge über B-A-C-H.
Das klingt spannend. Wo sollte man denn sitzen, um das Surround-Erlebnis wirklich auszukosten?
Ideal ist das Mittelschiff, Reihe fünf bis zehn. Dort sind Sie nah genug am Spieltisch, um die Virtuosität zu sehen, und exakt im akustischen Zentrum zwischen den neuen Seiten- und Westwerken. Das gesamte Schiff erlaubt jedoch eine vollumfängliche Wahrnehmung der Orgel. Es lohnt sich also, gute Plätze zu reservieren. Zumal sie ja auch gratis sind.
Alle Konzerte sind gratis?
Ja. Und wir sind sehr dankbar, dass wir das immer noch so anbieten können. Wir haben nur eine freiwillige Kollekte für alle, die das Festival unterstützen möchten, und ganz ehrlich: Ohne die wäre so ein Event nicht realisierbar. Davon ausgenommen ist die Museumsnacht. Dafür muss man Tickets kaufen.
Frage: Für wen ist das Orgelfestival eigentlich gedacht?
Für alle, die sich von Musik begeistern lassen möchten. Egal, ob eingefleischter Orgelfan oder neugieriger Erstbesucher. Die Palette reicht von barocken Präludien über romantische Klangwolken bis zu Volksmusik und Beatbox. So können alle das herauspicken, was zum eigenen Geschmack passt. Dank freiem Eintritt und fehlendem Dresscode gibt es keine Hürden. Es braucht nur offene Ohren.
Mein Ziel ist es, dass jemand, der noch nie in einem Orgelkonzert sass, hier sein persönliches «Aha-Erlebnis» hat und vielleicht sogar wiederkommt.
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