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Stadt St.Gallen
01.08.2025
01.08.2025 11:37 Uhr

Wie die Feuerpolizei gegen Brandstiftung vorging

In der Missive vom 11. Oktober 1426 verteidigt sich der der Brandstiftung angeklagte Wilhelm Fisch
In der Missive vom 11. Oktober 1426 verteidigt sich der der Brandstiftung angeklagte Wilhelm Fisch Bild: StadtASG, Missive 30
Das Stadtarchiv der Ortsbürgergemeinde hat den Briefverkehr («Missiven») der Stadt St.Gallen von 1400 bis 1650 digital erfasst. Als «Missive des Monats» stellen wir Ihnen jeden ersten Freitag im Monat ein besonders interessantes Schriftstück vor. Heute zeigen wir, wie empfindlich die Stadt auf Brandstiftungen reagierte.

Anfällig waren Städte für Brände vor allem wegen leicht brennbarer Baumaterialien wie Holz, wegen dem Fehlen von wichtigen baulichen Massnahmen wie Brandmauern und vor allem wegen der engen Bauweise. Der letzte Totalbrand, der die Stadt St.Gallen zerstörte, wütete am 20. April 1418.

Schon in den Jahrhunderten davor – 1215 und 1314 – gab es zwei grossflächige Brände in St.Gallen. Da ein Brand eine grosse Gefahr für die Stadt St.Gallen darstellte, hörte diese genau hin, wenn Gerüchte über Brandstifter im Umlauf waren.

In der vom Bürgermeister und Reformator Vadian verfassten Geschichte von Kloster und Stadt gibt es am Rand eine kleine Zeichnung und einen kurzen Eintrag zum Stadtbrand von 1215. In der Reinschrift dieser Chronik ist dieser Zusatz zum Brand nicht vorhanden Bild: VadSlg, Ms. 43, Joachim Vadian: Chronikbůch ettlicher äbten zů S. Gallen, fol. 59r, abrufbar unter: https://www.e-codices.unifr.ch/de/vad/0043/59r

Massnahmen gegen Brandgefahren: Regeln und Strafen

Man versuchte mittels Informationsaustauschs, aber auch mit feuerpolizeilichen Massnahmen wie dem Regulieren von Brotbacken, das Risiko eines Brandes zu verringern.

Neben den Bäckern wurden auch Schmiede, Färber und Wirte stark kontrolliert und klare gesetzliche Regeln für den Umgang mit Feuer erlassen, die sich im Stadtsatzungsbuch erhalten haben.

Urkunden aus dem 14. Jahrhundert, die Brandspuren wie braune Verfärbungen oder geschmolzene Siegel aufweisen. Das sind Beispiele für Urkunden, die den Stadtbrand überlebten, denn sie wurden vor 1418 geschrieben Bild: StadtASG, Altes Archiv, Tr. XXXIII

Zur Prävention kontrollierten Feuerschauer fünfmal pro Jahr jeden Ofen oder jede Feuerstelle in der Stadt. 1663 wurde ein entscheidendes Verbot ausgesprochen: Dächer sollten neu nur noch mit Ziegeln gedeckt werden, Holzschindeln wurden verboten. Auch wurde die Feuerordnung noch umfassender und strenger hinsichtlich Lagerungsorten von Heu und Stroh sowie dem Umgang mit Asche.

Zu Bränden, Brandprävention und Hilfeleistungen gibt es in der Digitalen Edition einige Missiven, die uns zeigen, wie Städte in Brandfall oder bei Brandgefahr reagierten, sich austauschten oder halfen.

Eintrag im Stadtsatzungsbuch «Wenn die pfister [Bäcker] ze bachen nit me füren sont». Darin steht, dass nach der Vesper [Abendgebet] kein Feuer mehr angezündet werden darf, ansonsten droht als Strafe ein dreiwöchiger Stadtverweis und eine Busse von dreissig Schilling Pfennig: «Es ist och von allen raeten ufgesetzt, das die pfister ze bachen nach vesper nit anzünden noch füren sont, und welher das übervert, der sol darumb ze buoss dryg wochen vor der statt sin und dem rat dryg schilling pfenning geben» Bild: StadtASG, Altes Archiv, Bd. 540, Stadtsatzungsbuch 1426ff., fol. VIIII

Wilhelm Fisch beispielsweise berichtete im Oktober 1426 dem Bürgermeister und Rat zu St.Gallen über Gerüchte, die von St.Gallern, unter anderem von Ulrich Hätzler, über ihn verbreitet worden seien. Er sei darin als Brandstifter verunglimpft: «und ist die red also, ich hab das hus verbrent».

Als Reaktion auf die Gerüchte habe der Rat von St.Gallen nach ihm suchen lassen. Da Fisch fürchtete, verhaftet zu werden, schrieb er an St.Gallen und fragte, ob er vor den Gerüchten «sicher sy oder nüt [nicht]» (Missive Nr. 30). 

Wie wir in einem Brief drei Monate später erfahren, war Wilhelm Fisch, anders als gewünscht, nicht sicher vor strafrechtlicher Verfolgung. Die Obrigkeit von St.Gallen glaubte nämlich den Gerüchten und liess Fisch verhaften.

Eglolf Blarer, Abt des Benediktinerklosters St.Gallen, bat in einem Brief drei Monate später darum, den Gefangenen, der wohl sein Untertan war, am Leben zu lassen: «daz ir den selben gevangnen man gnaedklichen und früntlich halten wellent, daz er bi dem leben beliben mug» (Missive Nr. 31). Hintergrund seines Schreibens war, dass Brandstiftung üblicherweise mit dem Tod oder hoher Busse bestraft wurde.

Die erwähnten Missiven Nrn. 30 und 31 sind abrufbar unter:

Wer noch mehr zum Thema erfahren will, findet dazu einen interessanten Beitrag von Dorothee Guggenheimer namens «Feuer: Vom schmalen Grat zwischen Komfort und Katastrophe», in: Mitarbeiterzeitschrift der Ortsbürgergemeinde St.Gallen, Nummer 2/2023, S. 8–9.

Sie finden den Beitrag hier: https://stadtarchiv.ch/inhalt/Personalzeitung-2_2023_Guggenheimer_Feuer.pdf

Literatur

Noëmi Schöb
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