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Stadt St.Gallen
11.07.2025
11.07.2025 10:12 Uhr

Voliere schliesst – Uneinigkeiten zwischen Stadt und Verein

Bild: voliere-sg.ch
Ein Ort mit Geschichte geht zu Ende: Die Voliere im St.Galler Stadtpark wird Ende 2025 geschlossen. Während sich die Stadt auf eine neue Nutzung vorbereitet, blickt der Verein mit Wehmut zurück.

Nach fast eineinhalb Jahrhunderten stellt die Voliere ihren Betrieb ein. Der Verein, der sich bis zuletzt um verletzte und gerettete Vögel kümmerte, löst sich Ende 2025 auf. Ein Abschied, der für Präsident Christian Müller mehr bedeutet als das Ende einer Institution. «Es war ein emotionaler Moment. Früher in diesem Jahr ist meine Frau verstorben. Nach deren Tod fühlt es sich an wie ein zweiter Abschied.» 

Finanziell nicht mehr tragbar

Die Gründe für das Aus der Volière sieht Müller in den immer strengeren Auflagen der Stadt: «Die Bedingungen wurden laufend verschärft. Am Ende hätten wir nur noch zehn Vögel halten dürfen – doch das geht nicht, da wir Gruppentiere halten.» Nebst anderen, nicht tiergerechten Auflagen sei der Betrieb auch finanziell nicht mehr tragbar gewesen. «Wir hätten alles selbst zahlen, aber weiterhin einen unentgeltlichen Leistungsauftrag nach dem Lehrplan 21 erbringen müssen. Doch da wir keinen Eintritt verlangen, wäre das nicht möglich.» 

Müller beschreibt, wie trotz vieler Gespräche keine Einigung mit der Stadt zustande kam. Die Aussagen der Stadt seien widersprüchlich gewesen. «Unsere Mitglieder und die Stadtbevölkerung hätten die Möglichkeit gehabt, etwas zu ändern – aber so weit kam es nicht.» Eine richtige Bürgerbewegung kam nie zustande.

Trotz allem bleibt Müller bis zum Schluss: «Ich hätte den Bettel gerne hingeworfen. Aber ich bin es den Tieren schuldig, weiterzumachen und die Volière gesetzes- und tierschutzkonform aufzulösen.» Zudem ist es ihm immer wichtig, zu betonen, dass er dennoch in einem guten Verhältnis mit der Stadt stehe und es nie zu einem Streit oder ähnlichen Vorkommnissen kam.

Meinungen spalten sich

Ganz anders klingt es aus dem Rathaus. Die Stadt betont, die Schliessung sei nicht auf ihr Betreiben hin erfolgt. «Die Voliere-Gesellschaft hat sich entschieden, den Betrieb nicht weiterzuführen», heisst es in einer Stellungnahme.

Bereits 2020 habe man einen Dialog angestossen, um gemeinsam ein zukunftsfähiges Konzept zu entwickeln, da die Anlage stark sanierungsbedürftig sei. Dabei sei auch ein Grobkonzept entstanden. Doch laut Stadtrat Markus Buschor zeigte der Verein wenig Bereitschaft zur Anpassung. «Statt die gemeinsam erarbeiteten Ansätze weiterzuentwickeln, hielt die Voliere weitgehend am Status quo fest.»

Der Verein habe beim bestehenden Betrieb mit über 100 Vögeln in engen Käfigen nicht genug Offenheit für Veränderungen gezeigt. Die Stadt bedauert das Aus. Dass der Verein diesen Weg nicht mitgehen wollte oder konnte, sei schade: «Es fehlte an der Kraft, sich den gesellschaftlichen Veränderungen anzupassen und eine zukunftsfähige Lösung zu erarbeiten, die sowohl Tierwohl als auch dem Bildungsauftrag einer modernen städtischen Anlage gerecht wird», so Buschor.

Wie geht es weiter?

Die Voliere als Bauwerk bleibt erhalten. Die Stadt plant, das denkmalgeschützte Gebäude öffentlich zu nutzen – in welcher Form, ist noch offen. Ein Ideenwettbewerb soll zeigen, was hier künftig entstehen kann. Klar ist: Die Voliere wird sich verändern, aber sie bleibt ein Teil von St.Gallen und soll der breiten Bevölkerung als lebendiger Treffpunkt erhalten bleiben.

Tatjana Neuner
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