Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland Agenda
Leserbrief
Schweiz
14.05.2025
14.05.2025 08:57 Uhr

«Der innere Frieden der Schweiz ist in Gefahr»

Patrick Jetzer, Präsident Aufrecht St.Gallen
Patrick Jetzer, Präsident Aufrecht St.Gallen Bild: aufrecht-stgallen.ch
Patrick Jetzer, Präsident von Aufrecht St.Gallen, schreibt in seinem Leserbrief, weshalb er meint, dass der innere Frieden der Schweiz in Gefahr ist.

«Seit über hundert Jahren ist die Schweiz ein Beispiel für den inneren Frieden. In der Nachkriegsordnung des Ersten Weltkriegs wurde die Schweiz für viele neu entstandene Staaten in Europa zum Vorbild. Die Unterdrückung von Minderheiten trug zur Eskalation im Zweiten Weltkrieg bei.

Sind die Schweizer einfach vernünftigere und friedfertigere Menschen?

Mit Sicherheit kann dies nicht aufgrund der Schweizer DNA erklärt werden, schliesslich verdingten sich die Schweizer im Mittelalter und vor dem Rütlischwur bereits die Helvetier als Söldner.

Die Schweiz war ein Staatenbund, ähnlich der EU

Der heute, zur Gründung des Bundesstaates, verklärte Sonderbundskrieg, war ein Krieg, welcher souveräne Staaten in einen Bundesstaat hinein zwang.

Sonderbundskrieg von 1847 Bild: HSL (2002)

Direkte Parallele zur heutigen EU sind die Bestrebungen, das Prinzip der Einstimmigkeit aufzuheben. Kennzeichen eines souveränen Staates sind die eigenständige Aussenpolitik, das Führen einer Armee und genau diese gingen in den Bund über. Der Leser vergleiche heutige Bestrebungen der EU in diese Richtung.

Die Genfer Unruhen von 1932

Der Unterschied zwischen einem Bundesstaat und einem Staatenbund zeigt sich im Einsatz der Armee gegen die Bevölkerung in einem Kanton (hier Genf). In Genf kam es zu Unruhen, welche nicht durch Genfer Kräfte, sondern mittels einer Lausanner Infanterieeinheit begegnet wurde. Die blutige Eskalation ist dem Einsatz unerfahrener Rekruten in der sechsten Dienstwoche geschuldet.

Im Anschluss hielt ein Walliser Regiment die Ordnung aufrecht. Man beachte hier, dass während des Sonderbundskriegs Genf und Wallis Gegner waren und der zeitliche Abstand 95 Jahre betrug und in der Gesellschaft vermutlich ähnlich präsent war, wie bei uns heute der Zweite Weltkrieg.

Weshalb funktioniert der innere Frieden in der Schweiz dennoch?

Die Schweiz gab sich das Prinzip der Subsidiarität. Dies ist elementar entscheidend! Es bedeutet, dass Entscheidungen auf der tiefst möglichen Ebene erfolgen. Ein – nur scheinbar – anderes Prinzip ist der Föderalismus und die Gemeindeautonomie. Auch mit diesen Prinzipien werden die Entscheide auf unterer Ebene gefällt.

Was sich hierin verbirgt, ist das Prinzip der Selbstbestimmung der Völker (Völkerrecht). Sprachen, Kulturen, Werte, Religionen, Eigenheiten, sprich Unterschiede werden respektiert, toleriert und gar als Bereicherung empfunden und geschützt.

Der innere Frieden der Schweiz ist in Gefahr!

Die Entwicklungen der letzten Jahre schalten jedoch diese Friedensprinzipien aus. In den Gemeinden gehen immer mehr Rechte zum Kanton über und von den Kantonen werden immer mehr Rechte an den Bund abgetreten. Dies geschieht nicht selten per Volksentscheid. Ein Volk, welches sich offenbar nicht bewusst ist, worüber es abstimmt oder welche Konsequenzen ihre Entscheide haben. Man denke hier an die Empörung in St.Gallen, als die Gemeinden «plötzlich» feststellten, dass sie über das Erstellen von Windparks nichts mehr zu sagen haben.

Der Bundesrat verfügt, dass für die anstehenden bilateralen Verträge das Mehr der Kantone (Ständemehr) nicht erforderlich sei, das Volksmehr sei ausreichend. Man argumentiert dann noch mit der Demokratie. Wenn die Demokratie jedoch dazu missbraucht wird, Minderheiten zu unterdrücken können wir am Beispiel anderer Länder beobachten, wohin das führt, den Kurden, Palästinensern, die Älteren mögen sich an die IRA erinnern.

Halten wir fest an den Friedensprinzipien: Subsidiarität, Föderalismus, Gemeindeautonomie. Denn auch die Schweiz hat keine Garantie auf den inneren Frieden!»

Patrick Jetzer
Demnächst