Die Stadt St.Gallen ist keine gewöhnliche Gemeinde. Sie ist Zentrum eines Grossraums, Standort wichtiger Institutionen und Arbeitgeber, kulturelles Aushängeschild und wirtschaftliches Herz der Ostschweiz. Dass sie dafür einen Sonderlastenausgleich erhält, ist nur fair.
Die Abstimmung vom 18. Mai hatte die SVP-Fraktion mit dem Ratsreferendum in der Wintersession erwirkt. Die temporäre Erhöhung des Zentrumslastenausgleichs für die Hauptstadt – statt der bestehenden 17 Millionen vier Jahre lang jährlich rund 21 Millionen Franken – hatte in allen bürgerlichen Fraktionen Unmut verursacht, doch die Mehrheit stimmte schliesslich zu.
Nun hat ein überparteiliches Komitee rund um SVP und EDU den Abstimmungskampf um den Zustupf an die Stadt eröffnet. Seine Botschaft: Die Stadt kassiert, der Rest des Kantons bezahlt. Das übersieht, wie stark auch die Gemeinden vom Zentrumsangebot profitieren.
Denn wer Theater, Museen, Schulen, Spitäler oder Verwaltung in St.Gallen nutzt, wohnt oft nicht in der Stadt – sondern im Fürstenland oder im Rheintal. Zentrumslasten entstehen dort, wo Leistungen für viele angeboten werden. Dass diese nicht allein von der Stadtbevölkerung getragen werden können, versteht sich von selbst. Der temporär erhöhte Zentrumslastenausgleich ist deshalb gerechtfertigt.
Hinzu kommt: St.Gallen trägt sogenannte A-Stadt-Lasten. Dazu zählen überproportionale Anteile an Armen, Arbeitslosen, Auszubildenden, Ausländern, Alten und Abhängigen. Wer die Anonymität und die Infrastruktur einer Stadt sucht, findet dort Hilfe, Betreuung, Anschluss – aber diese Leistungen kosten.
Während kleinere Gemeinden diese Bevölkerungsgruppen oft nur in geringem Mass aufnehmen, konzentrieren sich diese in der Stadt – was sich direkt auf Sozialausgaben, Integrationsaufwand, Bildungsfinanzierung und Gesundheitskosten auswirkt. Und andere Gemeinden entlastet.
Der Finanzausgleich ist allerdings kein Freipass, sondern ein Auftrag: St.Gallen soll attraktiv für alle sein – für Familien, Unternehmen, Studenten, Arbeitnehmer. Und zwar mit einer Politik, die auf solide Finanzen und wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen setzt.