Ob überhaupt oder wie stark die Politik die Wirtschaft regulieren soll, ist ein Dauerthema. Absolutistische Landesfürsten des 17. und 18. Jahrhunderts griffen dirigistisch in den Wirtschaftskreislauf ein: Unter anderem wurden Mindest- und Höchstpreise festgelegt, erfolgsversprechende Wirtschaftsbereiche in Monopole umgewandelt, und zum vermeintlichen Schutz der einheimischen Wirtschaft wurden Zölle erhoben – Donald Trump lässt grüssen.
Anhänger der von Adam Smith (1723 – 1790) in seinem Werk «Wohlstand der Nationen» begründeten klassischen Nationalökonomie vertreten demgegenüber die Meinung, der Staat sollte nicht regulierend ins Wirtschaftsgeschehen eingreifen, sondern sich auf die Sicherstellung der Landesverteidigung, der Rechtsprechung und bestimmter öffentlicher Einrichtungen beschränken.
Es ist spannend, im St.Galler Briefbestand zu entdecken, wie städtische Regierungen mit dem Thema Regulierung der Wirtschaft umgingen. Der folgende Brief vom 21. Juli 1437, welcher vom Lindauer Stadtrat an die Kollegen in St.Gallen gerichtet war, zeigt, wie Obrigkeiten auf die Situation von Versorgungsengpässen reagierten. Die Lindauer beschwerten sich bei den St.Gallern, deren Kornhändler würden sich nicht an die Abkommen halten und ihr Getreide in den nicht konzessionierten «Winkelorten» kaufen.
Die St.Galler wurden angehalten, ihre Kaufleute zurechtzuweisen. Denn wenn die Kornkäufe in die Dörfer verlegt würden, hätte das negative Folgen für die Städte und das Land. Aus dieser Missive sprechen einerseits Eigennutz Lindaus und andererseits aber auch reale Bedenken um die Sicherstellung der Landesversorgung.