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Stadt St.Gallen
20.04.2025

«Weg der Vielfalt»: Das «Bienehüsli»

Das «Bienehüsli»
Das «Bienehüsli» Bild: wegdervielfalt.ch
Die kulturhistorische Vielfalt von St.Gallen zeigt sich an zahlreichen Orten. Eine interaktive Karte lädt dazu ein, die Stadt und bisher eher unbekannte Erinnerungsorte sowie deren Geschichten zu entdecken. stgallen24 stellt in loser Folge einige besondere Orte vor. Heute: Das «Bienehüsli» am Unteren Graben.

Um 1850 für Wohnzwecke erbaut, ab 1925 während fast sechs Jahrzehnten als Betriebsstätte der Glasmaler-Dynastie Kübele genutzt, im Jahr 2000 schliesslich abgebrochen: Die Geschichte des einstigen Fachwerkhäuschens am Unteren Graben 55 mutet so unspektakulär wie das Gebäude selber an.

Für kurze Zeit aber, von 1989 bis 1991, erregte es Aufsehen – es wurde nämlich einerseits zum Sinnbild des sich verbreitenden Drogenelends, anderseits des Versuchs, dieses wenigstens ein Stück weit zu lindern. In der Stadt St.Gallen schätzte man die Zahl der Personen, die harte Drogen (z.B. Heroin und Kokain) konsumierten, damals auf rund 600.

Öffentlich sichtbar waren davon rund 250 Süchtige mit fehlendem oder nur noch bedingt tragfähigem sozialem Netz, die sich vor allem im Einzugsgebiet des Jugendhauses an der Katharinengasse aufhielten.

Die Stadt St.Gallen blickt auf eine über tausendjährige Vergangenheit zurück, wobei die erhaltene Bausubstanz – von wenigen Ausnahmen abgesehen – aus der Zeit nach dem letzten grossen Stadtbrand von 1418 stammt. Viele Bauwerke, die für das heutige Stadtbild wichtig sind und zum baukulturellen und kunstgeschichtlichen Erbe gehören, zeugen von den sozialen Machtverhältnissen und vom jeweils zeittypischen Umgang der Mehrheitsgesellschaft mit dem ihr Fremden.

Es soll die Aufgabe des «Wegs der Vielfalt» sein, nicht nur aus heutiger Sicht problematische Darstellungen oder Orte mit einer belasteten Vergangenheit zu erkennen und den geschichtlichen Bezug herzustellen, sondern auch Geschichten von Widerstand, Solidarität und Gemeinsinn zu erzählen.

Wegen der Begleiterscheinungen wie Drogenhandel, Beschaffungskriminalität, Lärm und Unrat verfügte die Stadt 1989 die vorübergehende Schliessung des Jugendhauses, bot aber Hand zu einer von der Stiftung Suchthilfe geführten Tagesstruktur im bald sogenannten «Bienehüsli» am Unteren Graben 55.

Die Süchtigen erhielten hier unter anderem soziale und medizinische Beratung sowie sterile Spritzen, die sie sich ab April 1990 in einem Fixerraum setzen konnten.

Nach einem negativen Volksentscheid musste das «Bienehüsli» – und damit auch der Fixerraum – Ende März 1991 geschlossen werden. Erst Jahre später gelang es, politische Mehrheiten für die Errichtung zweier medizinisch-sozialer Hilfsstellen (1993/1994) und für die ärztlich kontrollierte Heroinabgabe (ab 1995) zu schaffen. 

Weiterführende Quellen:

stgallen24/stz.
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