Bei anderen Konflikten geht es zum Beispiel darum, künstliche Gewässer zu renaturieren oder exotische Pflanzen durch einheimische zu ersetzen. Susanne Karn ist überzeugt: «Die Biodiversitätsprobleme können wir nicht in den historischen Gärten lösen. Man muss die Potenziale dieser Flächen relativieren.»
Dennoch plädiert sie für den Dialog: «Wir müssen zusammen herausfinden, was unbedingt schützenswert ist und wo es Spielräume für eine Umgestaltung gibt.» Was dabei trotzdem oft vergessen gehe, sei die Bedeutung, die historische Gärten bereits heute für die Biodiversität und den Artenerhalt haben.
Historische Gärten schützen seltene Arten
«Die historischen Gärten sind kontinuierlich gealterte und reich ausgestattete Schatztruhen der Biodiversität», sagt Susanne Karn. Alte Bäume und Rasenflächen bieten einer Vielzahl von Tieren und Pflanzen Schutz. Dazu kommt die Rolle von historischen Gärten in der Artenerhaltung. Seit dem 16. Jahrhundert wurden exotische Pflanzenarten in die hiesigen Gartenanlagen gebracht.
Viele davon sind an ihrem Ursprungsort mittlerweile ausgestorben. Historische und botanische Gärten haben die exotischen Pflanzen vermehrt und ihre Samen gesammelt. «Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zum Erhalt des Artenspektrums. Dies führt dazu, dass in historischen Gärten bereits viele seltene oder sogar als verschollen gegoltene Arten wieder gefunden wurden.»
Dazu kommt, dass geschützte Gartenanlagen sorgsamer genutzt werden als grosse urbane Parks. Die Menschen verhalten sich in historischen Gärten anders: «Nur selten spielt eine Schulklasse dort Fussball und Grillieren ist nicht überall erlaubt. Es sind grüne Oasen inmitten hektischer Städte und Biotope für die Arten.»
Erholungsräume unter Druck
Diese Erholungsräume sind alles andere als selbstverständlich, denn die Bevölkerung wächst und mit ihr auch die Nutzungsansprüche an diese Flächen.
«Gerade in Zürich merken wir, dass die Anlagen unter hohem Druck stehen», stellt Susanne Karn fest. Immer mehr Menschen wollen grosse Veranstaltungen in den Gartenanlagen durchführen und stören dabei Pflanzen und Tiere.
Gemeinsame Wurzeln verbinden
«Wenn grosse Fahrzeuge über die Rasenflächen fahren, um zum Beispiel eine Bühne aufzubauen, zerstören sie deren Substanz», sagt Susanne Karn. Bei einer anderen Veranstaltung habe man aus Sicherheitsgründen das Wasser der Brunnen ablassen wollen – gerade in der Zeit, in der sich die Libellen entwickeln. «Das fehlende Wasser hätte dazu geführt, dass die gesamte Libellenpopulation stirbt.»
Angesichts dieser Herausforderung haben die Denkmalpflege und der Naturschutz ein gemeinsames Interesse. Der Artenschutz wird zum Helfer des Denkmalerhalts und umgekehrt. «Die gegenseitige Zusammenarbeit hilft, eine wertschätzende und verständnisvolle Haltung gegenüber der anderen Seite zu entwickeln», betont Susanne Karn.
«Man muss alle Faktoren berücksichtigen und abschätzen, was die Biodiversität, das Denkmal und die Nutzung brauchen. Nachhaltige Lösungen entstehen nur, wenn beide Seiten damit einverstanden sind.» Zudem brauche es das Verständnis, dass man die gleichen Wurzeln habe: Gartendenkmalpflege und Naturschutz gründen in der Schweiz in der Natur- und Heimatschutzbewegung des beginnenden 20. Jahrhunderts. Das hart erkämpfte Schutzkonzept verbindet die beiden Disziplinen.
CAS Gartendenkmalpflege
Der Garten wächst, vergeht, wird im Laufe seiner Geschichte umgestaltet und weiterentwickelt. Unangemessene Nutzung und mangelnde Pflege können jedoch zu Schäden führen. Der Garten hat mit neuen Ansprüchen und knappen Finanzen zu kämpfen.
Wie man mit einem historischen Garten angemessen umgeht, lernen die Teilnehmer im berufsbegleitenden Weiterbildungskurs Certificate of Advanced Studies (CAS) in Gartendenkmalpflege.