Text: Stephan Ziegler
SAK-CEO Stefano Garbin und Adriano Tramèr, SAK-Verantwortlicher Produktion, über die Energiezukunft der Ostschweiz und welchen Anteil daran ein Stromversorger hat.
Stefano Garbin, welches Geschäftsfeld ist für die SAK das wichtigste?
Für die SAK ist nach wie vor das Stromnetz, also die Nutzung des Netzes und die Stromlieferung, das umsatzstärkste Feld, da wir historisch auch aus diesem Segment kommen. Die SAK tut aber viel mehr als das: Wir haben den Anspruch, innovativstes Energieversorgungsunternehmen für Menschen in der Ostschweiz zu sein. Mit Investitionen in Zukunftsmärkte unterstützen wir die Energiewende in der Ostschweiz.
Das heisst konkret …
Garbin: Ganz grundsätzlich fallen darunter der Ausbau des Ladenetzes für die Elektromobilität, die Ausrüstung von Gebäuden mit Solaranlagen und Wärmepumpen aber auch die künftige Produktion von Wasserstoff als Kraftstoff. Grossprojekte machen unser Engagement sichtbar. Nebst dem Solarfaltdach Kronberg sind dies das Rechenzentrum Ostschweiz, dessen Abwärme mittels Anergienetz für die benachbarte Käserei nutzbar gemacht wird, oder das Grossprojekt Schlattpark, wo wir eine komplette Wohnüberbauung in Schmerikon mit Photovoltaik, Wärmepumpen, Ladestationen und intelligenter Messtechnik ausrüsten. Für jeden Nutzer erstellen wir eine individuelle Energieabrechnung, die auf der Blockchain-Technologie basiert.
Sie sprechen von Elektromobilität, Photovoltaik, Wärme und Wasserstoff. In welcher Technologie sehen Sie die grösste Chance zum Erreichen der Klimaziele in der Schweiz?
Garbin: In einer Kombination all dieser Technologien. Je nach Situation ist die eine geeigneter als die andere. Die Kombination in Verbindung mit dem Stromnetz ist ausschlaggebend. Die SAK sorgt für eine sichere Stromversorgung und erfüllt dadurch ein Grundbedürfnis. Dann gibt es die Möglichkeit, Photovoltaik selber zu bauen und intelligent im Gebäude zu nutzen, sei es für E-Autos oder Wärmepumpen. Diese Selbstversorgung nennen wir «Prosumer» – ein Kunstwort aus den Begriffen Produzieren und Konsumieren. Wasserstoff ist eine ergänzende Technologie, die ebenfalls grosses Potenzial zur Dekarbonisierung der Mobilität birgt.
Adriano Tramèr, als Verantwortlicher für den Geschäftsbereich Produktion der SAK sind Sie für Planung und Umsetzung Ihrer Projekte verantwortlich. Können Sie uns erklären, wie man zum Prosumer wird?
Tramèr: Strom konsumieren tun wir ja alle, ihn selber produzieren aber nicht. Prosumer produzieren und konsumieren Strom, decken so zu einem beachtlichen Teil ihren eigenen Strombedarf und legen dadurch den Grundstein für eine nachhaltige Energiezukunft. Früher war dies nur grossen Kraftwerken vorbehalten, dank der heutigen Technologien kann aber jeder zum Prosumer werden. Mittels Klein- und Kleinstanlagen, wie beispielsweise einer Photovoltaikanlage, kann hauseigener Strom produziert werden.
Verbraucht wird dieser dann vor Ort …
Tramèr: … beispielsweise durch eine Wärmepumpe oder durch Aufladen des eigenen Elektrofahrzeugs, richtig. Der Bereich Produktion der SAK deckt alle diese Produktfelder ab und liefert Know-how für ausgereifte Gesamtlösungen für individuelle Bedürfnissen. Zudem bieten wir Interessierten von der Beratung, dem Bau der Anlage über die Messtechnik bis hin zur Rechnungsstellung und Wartung sämtliche Dienstleistungen aus einer Hand an. Und wie erwähnt plant und realisiert unser Bereich auch diverse Grossprojekte, wie eben das «Solarfaltdach Kronberg».
Dieses ist ein Leuchtturmprojekt. Welche Herausforderungen stellen sich bei solch innovativen Projekten?
Tramèr: Wie bei Innovationsprojekten üblich, startet man sinnbildlich auf der grünen Wiese. Das war auch bei diesem Projekt so. Herausfordernd in dieser Region sind starke Stürme und Schneefall im Winter. Ein fest installiertes Solarfaltdach kam daher nicht in Frage. Wir entschieden uns für die Lösung der Firma dhp, die mit ihrem Solarfaltdach des Typs Horizon eine Möglichkeit anbietet, die Solarpanels in Garagen einzufahren und so vor Wind und Unwetter zu schützen. Das «Solarfaltdach Kronberg» haben wir mit starken regionalen Partnern realisiert. Wir sind aber nicht nur im Bereich Photovoltaik und Wärme aktiv, sondern auch mit Windprojekten. Leider grassiert in diesem Feld schweizweit Widerstand. Aktuellstes Beispiel ist unser Projekt «LinthWind», dem mit politischen Kniffs im 2019 die Stecker gezogen wurden.
Ist die Thematik Windenergie deshalb Geschichte bei der SAK?
Garbin: Nein, die SAK wird weiterhin die Möglichkeit für Windenergieanlagen im Auge behalten. Auch das Nein zu «Linthwind» werden wir nicht einfach stillschweigend akzeptieren. Es kann nicht sein, dass alle nachhaltige Energie fordern, dann aber bei der Umsetzung politisch dagegen vorgehen. Dieses «Nicht-in-meiner-Nachbarschaft-Denken» führt uns nicht weiter und fordert Veränderung, wenn die Energiewende klappen soll. Wir werden dieses Anliegen künftig verstärkt platzieren und Gespräche suchen.
Tramèr: Windenergie ist wie Solarenergie eine wichtige Ressource für die Energiezukunft. Gerade im Winter, wenn es weniger Sonnenstunden gibt, ist die Windkraft eine sehr gute Ergänzung zur Solarkraft. Klar braucht es bei jedem Windstandort eine seriöse Evaluation für Natur, Mensch und Umwelt. Es sollen aber nicht die Partikularinteressen einiger weniger in den Vordergrund gestellt werden. Es ist wichtig, dass wir unsere technologischen Möglichkeiten auf dem Weg in die Energiezukunft nutzen. Wir brauchen auch weiterhin eine verlässliche Stromproduktion in der Region und in der Schweiz.
Als Energieversorgungsunternehmen stehen Sie vor einer Zukunft, in der sich der Strombedarf erhöhen wird – nicht zuletzt auch durch die Elektromobilität. Wie gehen Sie diesen Wandel an?
Garbin: Als Energieversorger sind wir gefordert, Lösungen anzubieten, um den Bedarf an Energie decken zu können. Es ist aber eine Herausforderung, die wir gemeinsam mit den Kunden anpacken müssen. Der Fokus liegt neben der verstärkten Nutzung von erneuerbaren Energien auf der Energieeffizienz. Der Wirkungsgrad von Elektromotoren ist deutlich höher als bei Verbrennungssystemen. Unter dem Strich brauchen wir weniger Energie, da wir sukzessive weniger auf fossile Treibstoffe zurückgreifen müssen. Die Verlagerung führt indes zu einem höheren Strombedarf.
Und was denken Sie, wie entwickeln sich die Bereiche Photovoltaik, Elektroautos und Wasserstoff in den nächsten zehn Jahren?
Tramèr: Technologisch wird sich noch viel entwickeln. Es ist noch nicht lange her, dass unsere ersten Elektrofahrzeuge 150 km Reichweite hatten. Heute stehen wir bei etwa 400 km. Die Mobilität wird sich grundlegend verändern, auch durch datengetriebene Technologien wie IoT (Internet of Things). Auch Wasserstoff wird vermehrt zum Einsatz kommen. Und wenn Sie zuhause eine Photovoltaikanlage haben, kann ich mir vorstellen, dass Sie in zehn Jahren Ihren Wasserstoff selber herstellen