Kurz vor Weihnachten und mit sofortiger Wirkung will der St.Galler Stadtrat den Empfängern von Sozialhilfe das Weihnachtsgeld in der Höhe von 50 Franken streichen. 600 Asylsuchende, die bislang 25 Franken erhalten haben, sollen ebenfalls keinen Weihnachtszustupf mehr erhalten.
Angesichts des städtischen Budgets von weit über 600 Millionen Franken sei die Sparmassnahme von einigen Zehntausend Franken lapidar.
«Finanziell fällt dieser Schritt für die Stadt nicht wirklich ins Gewicht, wohingegen das Zeichen und die negative Auswirkung für Betroffene schwer sind», sagt Chika Uzor, katholischer Flüchtlings- und Migrationsseelsorger.
Die Art und Weise, wie mit den Schwächsten unserer Stadt umgegangen wird, macht ihn betroffen. So geht es auch vielen kirchlichen Mitarbeitern.
Die katholische Kirche der Stadt sowie die evangelisch-reformierte Kirchgemeinde St. Gallen Centrum fordern deshalb die Mitglieder des Stadtparlaments auf, die Sparmassnahme auf dem Buckel von Menschen, die ohnehin am Limit sind, an der Sitzung vom kommenden Dienstag zu streichen.
Kirchliche Mitarbeiter bekommen die Entwicklung bei den Schwächsten in der Gesellschaft besonders nahe mit.
So geht bei den evangelischen wie auch bei den katholischen Sozialdiensten etwa die Zahl von Beratungsgesprächen für Armutsbetroffene durch die Decke.
«Viele Menschen in der Stadt können sich zum Beispiel die Nebenkosten-Abrechnung nicht leisten», wissen Franz Niederer vom katholischen Sozialdienst und Daniel Bertoldo, evangelischer Sozialdiakon.
Die steigenden Energiepreise belasten die untere Schicht überproportional stark. So suchen immer mehr Armutsbetroffene Hilfe bei den Landeskirchen. «Die Stadt St.Gallen verlässt sich auf die Leistungen der Kirchen in der Armutsbekämpfung, wobei unsere Mitgliederzahlen sinken, die Mittel schrumpfen», zeigt sich Dompfarrer Beat Grögli besorgt.
Angesichts dieser Situation einen solchen Sparentscheid zu fällen und dies noch kurz vor der Adventszeit zu verkünden, hat zahlreiche Reaktionen ausgelöst:
«Wir haben Anrufe von besorgten Menschen aus unserer Gemeinde erhalten», sagt Kathrin Bolt. Die Pfarrerin der Laurenzen-Kirche findet insbesondere den Zeitpunkt unsensibel: «Weihnachten ist eine fragile Zeit. Hier können wir uns als Stadt und Gemeinschaft mitmenschlich zeigen.»
Kathrin Bolt und ihre Kollegin von der Halden-Kirchen, Andrea Weinhold, fordern eine Korrektur im Parlament. Die beiden Pfarrerinnen sowie Beat Grögli, Chika Uzor, Daniel Bertoldo und Franz Niederer hoffen gar auf ein deutliches Zeichen der Volksvertreter am kommenden Dienstag.