Gabathuler überrascht

Es ist ein schöner  Erfolg für Mathias Gabathuler: Nur gerade 1700 Stimmen fehlten ihm auf die bekannte und beliebte Stadträtin Maria Pappa, die sich ebenfalls fürs Stadtpräsidium beworben hatte. Und gar 2600 Stimmen holte er auf Markus Buschor heraus, den bisherigen Stadtrat, der sich selbst ebenfalls als möglichen Stadtpräsidenten sah.

Gabathulers Chancen in einem zweiten Wahlgang sind also durchaus intakt. Wenn - ja wenn die bürgerlichen Kräfte der Stadt sich geschlossen hinter den Kantirektor stellen. Wir sind gespannt, wie sich CVP und SVP diesbezüglich verhalten, um die letzte bürgerliche Stimme im Stadtrat zu sichern.

Das Beste, was aus bürgerlicher Sicht passieren könnte, ist, dass Markus Buschor ebenfalls nochmals antritt. Er würde nicht Gabathuler, sondern Pappa Stimmen kosten, politisiert er doch links der Mitte und findet im bürgerlichen Lager kaum Unterstützer. Das schlechteste alle Stadtrats-Resultate spricht eine deutliche Sprache. Um ein Haar bzw. um 1300 Stimmen wurde er zugunsten von Mathias Gabathuler aus dem Stadtrat gewählt.

Dass die beiden bürgerlichen Frauen, Trudy Cozzio/CVP und Karin Winter-Dubs/SVP, in der rot-grün dominierten Gallusstadt kaum gewählt werden konnten, war zumindest im Fall Winter-Dubs klar - obschon sie alles andere als eine "rechte" Politikerin ist, sondern eine konsensorientierte, offen und anständig politisierende Frau, reichte das Prädikat "SVP" offenbar aus, sie für viele Stimmbürger unwählbar zu machen. Wäre KWD in der FDP oder CVP beheimatet, hätte das Resultat mit Sicherheit anders ausgesehen.

Für Trudy Cozzio bleibt zumindest mit knapp 10'000 Stimmen ein Achtungserfolg, der aber nicht darüber hinwegtäuschen soll, dass es heute die ältere Generation schwerer hat, sich im Politbetrieb zu behaupten - heute muss offenbar alles jung, trendig und hipp sein. Erfahrung und Ausgeglichenheit zählen da weniger.

Was bedeutet das für den zweiten Wahlgang, in dem sowohl ein Stadtrat wie auch der Stadtpräsident gewählt werden müssen? Einigen sich die bürgerlichen Parteien auf einen Kandiaten - oder schicken sie zwei oder gar drei ins Rennen, die sich gegenseitig Stimmen konsten? Die Voraussetzung ist ja etwas kompliziert: Wird Gabathuler als Stadtpräsident gewählt, ist der St.Galler Stadtrat komplett. Wird hingegen Pappa die Ehre zuteil, gilt es, im Stadtrat noch einen Sitz zu besetzen. Würde Mathias Gabatuler auch "nur" Stadtrat werden wollen? Zeigt auch Markus Buschor weiterhin Ambitionen auf das höchste Amt? Wir sind gespannt, wie die parteiinternen Wahlstrategen und die Kandidaten sich entscheiden werden.

Stephan Ziegler, stgallen24