Nachhaltige Wirkung
Um die Fussballerinnen, die im Juli 2025 um Titelehren kämpfen werden, muss sich Céline Bradke freilich nicht kümmern – die Turnierorganisation ist Sache der Uefa. Céline Bradkes Job ist es, dafür zu sorgen, dass sich die Host-City St.Gallen von ihrer besten Seite präsentiert und der Event ein nachhaltiges Vermächtnis hinterlässt.
«Legacy» nennt sich deshalb die nationale Mission, welche die EM nutzen will, um dem Frauenfussball Schub zu verleihen. Die Ziele des Projekts stehen in einer langen Liste von Formulierungen mit «mehr»: Die Legacy will auf allen Ebenen mehr Spielerinnen im Breitenfussball, soll die Zahl der lizenzierten Mädchen und Frauen verdoppelt werden, deshalb braucht es auch mehr Trainerinnen und Schiedsrichterinnen. Auf Eliteebene soll der Frauenfussball deutlich mehr Aufmerksamkeit erhalten und die Frauen-Nationalmannschaften sollen sich regelmässig für die grossen Turniere qualifi zieren. Frauen sollen auch mehr Schlüsselpositionen in den Strukturen des Schweizer Fussballs besetzen.
Mädchen zum Fussball bringen
«Die Legacy ist sowohl ein schweizweites als auch ein regionales Programm», sagt Céline Bradke. Der wichtigste Hebel, um den Frauenfussball nachhaltig zu fördern, ist klar: «Wir wollen Mädchen früher in Kontakt mit Fussball bringen.»
Bei Buben scheint es selbstverständlich zu sein, dass sie auf dem Schulhof tschutten, doch die Mädchen sind meistens nicht dabei. Mit einem freiwilligen Angebot in den Schulen über Mittag oder am schulfreien Mittwochnachmittag könnten auch die Mädchen erreicht werden. Im Projekt drehen sich die Gedanken momentan nicht ausschliesslich um Fussball: «Wir wollen auch insgesamt Bewegungsförderung machen», sagt Céline Bradke. Deshalb sollen auch andere Sportarten Einzug in die Planungen halten. Nach einem ersten Kontakt sollen sich interessierte Mädchen nicht gleich für den Sport verpflichten müssen. Wer in einem Verein Fussball spielen möchte, muss einen Mitgliederbeitrag zahlen und sich eine Ausrüstung zulegen, was abschreckend wirken kann. Deshalb will das Projekt Mädchen niederschwellige Angebote machen, über die sie Fussball besser kennenlernen können. Wenn es einem Mädchen gefällt und es regelmässig kommt, kann man es an einen Klub vermitteln.
An die Frauen-EM 2025 steuern Stadt und Kanton St.Gallen 2,8 Millionen Franken bei. 150'000 Franken aus diesem Kredit sind für die Legacy-Massnahmen der Host-City St.Gallen vorgesehen. Die Legacy ist bis 2027 angelegt und reicht über den Kanton hinaus. «Nach der Women’s Euro übergeben wir das Projekt dem Ostschweizer Fussballverband», erklärt Céline Bradke. Der OFV bekommt dafür weitere Gelder: Der Bund hat für die Frauenfussball-EM und für Projekte rundherum 15 Millionen Franken gesprochen; fünf Millionen davon gehen via Schweizer Fussballverband, der seinerseits noch einen Beitrag leisten wird, an die Legacy. Ein Anteil dieses Geldes kommt in die Ostschweiz.
Auch Céline Bradke hat beobachtet, dass bereits in den vergangenen Jahren die Wahrnehmung von Frauenfussball massiv gestiegen ist. «Aber es ist nicht nur die Wahrnehmung, auch der Frauenfussball insgesamt hat sich in den vergangenen Jahren sehr stark entwickelt.» Der Fussball, den die Frauen spielen, sei besser geworden: «Das Produkt Frauenfussball ist besser und generiert auch deshalb mehr Aufmerksamkeit.» Besser wurden insbesondere die Strukturen: «Weil Frauenfussball inzwischen gefördert wird, schon bei den Kleinen im Nachwuchs», sagt Céline Bradke. «Wer es heute in die Women’s Super League schaffen möchte, sollte schon in sehr jungen Jahren mit dem Fussballtraining loslegen.»