Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland Agenda
Stadt St.Gallen
05.09.2024
05.09.2024 12:51 Uhr

St.Galler Kunstprojekt in Schaffhausen sorgt für Ärger

Halbierte Sitzbänke in Schaffhausen: Sie sind Teil eines Kunstprojekts der St.Galler Riklin-Zwillinge.
Halbierte Sitzbänke in Schaffhausen: Sie sind Teil eines Kunstprojekts der St.Galler Riklin-Zwillinge. Bild: Ronny Bien
Für ein Kunstprojekt des Schaffhauser Stadtrats zersägten die St.Galler Künstler Frank und Patrik Riklin in Schaffhausen Sitzbänke. Nicht alle sind begeistert von der Idee.

Ein besonderes Spektakel bot sich am Mittwoch, 28. August 2024 auf dem Walther-Bringolf-Platz in Schaffhausen. Die Stadträte Christine Thommen und Daniel Preisig zogen einen Leiterwagen auf den Platz, auf welchem die St.Galler Konzeptkünstler Frank und Patrik Riklin thronten, umringt vom restlichen Stadtrat.

Besonders runzelte man die Stirn, als die Stadträte dann begannen, schwefelgelbe – nicht Schaffhauser-gelbe – Bänke mit einer Motorsäge zu halbieren. Dokumentiert wurde die Aktion auch mit Videos auf Instagram. Ist das Kunst oder kann das weg? Diese Frage stellt man sich aktuell in Schaffhausen.

Begegnungen provozieren, die sonst nicht passieren würden

Auf der einen Seite steht der Schaffhauser Stadtrat, der das Projekt mit einem Zustupf von rund 100'000 Franken beglückt hatte. Die Idee dahinter sei, dass Private die einen Bankhälften bei sich in Räumlichkeiten platzieren können, die in einem bestimmten Fenster öffentlich zugänglich sein sollten.

Die anderen Bankhälften sollen auf dem Platz bleiben. Mit Etiketten sollen die Menschen informiert werden, wo das passende Gegenstück des halbierten Bänklis weilt. So sollen «unübliche Begegnungen ermöglicht und der Austausch und die Offenheit zwischen Menschen gefördert werden», schreibt der Stadtrat.

Die Zwillingsbrüder und Konzeptkünstler Patrik (l.) und Frank Riklin aus St.Gallen. Bild: Ronny Bien

Projekt war streng geheim

Brisant dabei: Die Zersägung kostet den Stadtrat 100'000 Franken, bezahlt aus einem Budget, welches das Parlament der Stadt, der Grosse Stadtrat genehmigt hatte. Allerdings ohne vorher zu wissen, worum es sich genau handelte.

Stadträtin Christine Thommen warb vor dem Grossen Stadtrat damit, dass das Kunstprojekt «neue Dimensionen und Sichtweisen darbiete» und «den Dialog aller Akteure fördere». Äusserst knapp, mit 16 zu 15 Ja-Stimmen wurde das Projekt schliesslich gutgeheissen.

Gegner reden von «Steuergeldverschwendung»

Im Nachhinein bedauern einige Mitglieder dieses Ja. So die beiden Mitglieder des Grossen Stadtrats, Nicole Herren und Severin Brüngger, die es unverhältnismässig finden, so viel Geld für eine solche Aktion auszugeben, während das Gewerbe, das wegen eines Bauprojekts massive Einbussen hatte, nicht vom Stadtrat unterstützt wurden. 

In der Facebook-Gruppe «Du bist ein Schaffhauser/in wenn du...» erhält die Aktion ebenfalls wenig Zuspruch. Auch der Präsident des Grossen Stadtrats, Stephan Schlatter, ist von ihr wenig angetan: «Zum Kotzen, kann ich hier nur noch sagen!»

Stadtpräsident Peter Neukomm tritt in Sägeaktion, während Frank Riklin und Stadträtin Christine Thommen die Sitzbank halten. Ganz links beobachten Patrik Riklin und rechts Stadträtin Karin Bernath das Geschehen. Bild: Ronny Bien

Halbbänkli wurden erworben

Doch was sagen eigentlich die Riklin-Zwillinge zum negativen Feedback zu ihrem Projekt? Gegenüber Schaffhausen24 sprechen die beiden von anonymen Drohungen im Vorfeld des Projekts, in einer Heftigkeit, in der sie es noch nie erlebt hätten. Man könne die Bedenken bezüglich des hohen Betrags nachvollziehen, der Aufwand und auch der Erfolg gebe ihnen jedoch recht.

Zwischen dem Start der Aktion und dem Wochenende hätten sich bereits fünf Personen gemeldet, die ein Halbbänkli bei sich aufstellen wollten. Ausserdem habe man auch viel Lob für die «mutige Aktion» erhalten. Ein User auf Instagram schreibt beispielsweise, er fände es eindrucksvoll, wie gesellschaftlich relevante Themen mit Kunst verbunden werden.

Junge SVP startete Petition

Die Stadt Schaffhausen sieht sich nun mit einer Petition der Jungen SVP konfrontiert. In dieser fordern die Petenten, dass der Stadtrat die Kosten für das Projekt selber tragen müsse. Es sei nicht hinnehmbar, dass Steuergelder für solche Projekte verwendet würden, während andere Bereiche dringend Unterstützung benötigten. Bis Donnerstag, 5. September 2024 sind bereits knapp 500 Unterschriften zusammengekommen.

Die Riklins sind dennoch zufrieden mit ihrer Aktion. Die Diskussion in der Stadt könne auch ihren Nutzen haben, sagen sie gegenüber Schaffhausen24. Sollte sich das Kunstprojekt trotz allem bewähren, könnten sie sich auch eine Ausdehnung in andere Städte vorstellen. Wie schrieb das Kulturmagazin Saiten letztens: «Kultur, die nicht diskutiert werde, kann keine Wirkung entfalten.»

jos
Demnächst