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Leserbrief
Stadt St.Gallen
02.04.2024

«Für Auserwählte, statt für alle»

Miriam Rizvi ist nach wie vor Mitglied der SP-Fraktion.
Miriam Rizvi ist nach wie vor Mitglied der SP-Fraktion. Bild: Instagram
Vergangene Woche wurde die Juso-Stadtparlamentarierin Miriam Rizvi aufgrund diverser Verstösse gegen das Gesetz zu einer Geldstrafe verurteilt. stgallen24-Leserin Eveline Ketterer stört sich an der Reaktion der SP-Fraktion, wie sie in einem Leserbrief zum Ausdruck bringt.

«Es ist des Menschen Eigenart, dass er sich gern auf der Seite der Guten wähnt. Zumeist nicht nur sich selbst, sondern auch ihm nahestehende Menschen, Familienmitglieder und den ein oder anderen Mäzen. Nun ist es leider so, dass dies zu einem blinden Fleck führt, hinter dem Verfehlungen wie von Zauberhand aus dem Sichtfeld verschwinden. In der Politik führt das dann zu Doppelmoral.

So geschehen bei der SP Stadt St.Gallen: Nachdem aus Medienberichten zu erfahren war, dass Stadtparlamentarierin Miriam Rizvi (JUSO) einen Strafbefehl kassierte und «mehrfach einschlägig vorbestraft» sei, erklärte die SP den Fall zur Privatsache – und sieht augenscheinlich keinen Handlungsbedarf. Dass Frau Rizvi in der SP-Fraktion Einsitz hat? Problemlos. Nun, die SP macht eben Politik «für alle, statt für wenige»?

Nicht ganz: wir erinnern uns an den Umgang der SP mit Cem Kirmizitoprak. Der pfiffige «Inklusionsagent Cems Bond», selbst im Rollstuhl sitzend und eine eigene Beratungsstelle betreibend, wurde nach dreizehn Jahren politischen Engagements bei der SP kaltgestellt. Auf Basis von Gerüchten, die eine ihm unbekannte Person an die SP gerichtet hatte. Da gerade Kantonsratswahlen bevorstanden, verbannte ihn die SP sehr unsanft von seinem wohlverdienten Platz auf der Liste – woraufhin er seinen Austritt bekannt gab.

Bis heute gab es mit dem Betroffenen keine Aussprache, keine Mediation. Ihm wurde noch nicht einmal der genaue Inhalt der Vorwürfe mitgeteilt, sondern lediglich, dass er ein Täter sei. Die SP schreibt sich Begriffe wie «Inklusion», «Schutz vor Mobbing» und «Gleichberechtigung» auf die Fahne.

Fehler passieren: mit etwas sozialer Kompetenz würde man die Sache, die sich nicht um eine Straftat, sondern um eine ausserparteiliche Angelegenheit und romantische Gefühle des Betroffenen drehte, mittels 1:1 Aussprache beseitigen. Leider wird hier ein anderer Massstab angelegt als bei Frau Rizvi. So wird Politik für Auserwählte, statt für alle gemacht.»

Eveline Ketterer
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