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Stadt St.Gallen
16.03.2024
11.03.2024 19:16 Uhr

Girtanners Landschildkröten als Stadtmusik-Fans

Illustration aus «Brehms Tierleben», 1883
Illustration aus «Brehms Tierleben», 1883 Bild: Archiv
René E. Honegger, ehemaliger Kurator des Zürcher Zoos, versucht in einem Aufsatz zu ergründen, warum gerade die Griechische Landschildkröte zum beliebten Heimtier und damit zu einer der bedrohtesten Reptilienarten Europas wurde. Nach historischen Berichten lebten sie schon 1601 als Heimtiere in London. Aber auch in St.Gallen waren sie beliebt.

Die Faszination Schildkröte führte hierzulande schon früh zum Verlangen, diese exotischen Wirbeltiere mit dem prächtigen Rückenpanzer in unserer nächsten Nähe zu besitzen und zu pflegen. Trotz weitverbreiteter Vorbehalte nahm man sie als Heimtier freilaufend in die Wohnküche oder als lebendes Spielzeug ins Kinderzimmer.

Die sogenannten genügsamen Exotika waren einfach zu transportieren und für jedermann erschwinglich.

Der internationale Handel mit griechischen Landschildkröten in unglaublich grossen Mengen begann mit dem Balkankrieg im Ersten Weltkrieg (1914 – 1918).

Das Ausmass des jahrzehntelangen offiziellen Handels mit griechischen Landschildkröten (Testudo hermanni boettgeri) als devisenbringende Handelsware aus dem ehemaligen Jugoslawien, vor allem nach 1945, ist viel grösser als bisher angenommen: Es wurden an die drei Millionen fortpflanzungsfähige Tiere exportiert. Dies ist nur eine der Ursachen für die signifikante Abnahme der Populationen und deren Grössen in freier Wildbahn.

Obwohl durch nationale und internationale Gesetze und Abkommen nominell geschützt, ist die Griechische Landschildkröte noch die häufigste Art im internationalen Tierhandel. Zudem sind heute die Bestände besonders durch die grossflächige Zerstörung des Lebensraumes und durch die Verfolgung als Nahrungsmittel und Ernteschädling gefährdet.

Dr. med. G. A. Girtanner Bild: Archiv

Der Mediziner Georg Albert Girtanner (1839-1907), der in St.Gallen griechische Landschildkröten in seinem Garten hielt, wo sie auch überwinterten, berichtet über sie: «Wer Gelegenheit hat, ein oder mehrere Exemplare dieser leicht erhältlichen Art im Garten zu beherbergen, wird die Erfahrung machen, dass auch an diesen vermeintlich stupiden Faulenzern Freude zu erleben ist» und auch die «unteren Zehntausend aus dem Tierreich manchen überraschenden Blick in das anziehende Naturleben ermöglichen».

Girtanner erwähnt auch, dass seine Tiere «grosse Freude an der Musik» bekundeten. Sobald die Stadtmusik zu spielen begann, «rückten alle meine Schildkröten vor bis zum Zaun. Dort angelangt verblieben sie, Kopf und Hals lang ausgestreckt und erhoben, in starrer Stille bewegungslos lauschend. Mit dem Verklingen des Musikstückes löste sich der Bann und es kam wieder Leben in diese sonst so teilnahmslos scheinenden Geschöpfe».

Den kompletten Aufsatz von René E. Honegger finden Sie hier:

René E. Honegger
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