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Kanton
27.02.2024

FDP hat berechnet: Mehr Arbeit lohnt sich nur bedingt

Die FDP-Fraktion um Präsident Christian Lippuner (im Bild) will mit Rechnungsbeispielen darlegen, dass sich ein höheres Arbeitspensum nur bedingt lohnt.
Die FDP-Fraktion um Präsident Christian Lippuner (im Bild) will mit Rechnungsbeispielen darlegen, dass sich ein höheres Arbeitspensum nur bedingt lohnt. Bild: zVg
Für die Frühjahrssession 2024 reichte die FDP-Kantonsratsfraktion des Kantons St.Gallen ein Postulat ein, in welchem sie Regelungen bemängelte, die ein höheres Arbeitspensum unattraktiv machen würden. Nun veröffentlicht sie in einer Medienmitteilung Rechenbeispiele, welche diese These untermauern sollen.

Die Medienmitteilung der FDP-Kantonsratsfraktion St.Gallen liest sich wie folgt:

«Die FDP-Kantonsratsfraktion reichte im Rahmen der Frühjahrssession 2024 das Postulat 43.24.02 'Arbeit muss sich lohnen – Fehlanreize jetzt korrigieren!' ein. Dieses fordert eine umfassende Analyse des Steuer- und Transfersystems mit besonderem Augenmerk auf freiwilligen Erwerbsverzicht und leistungsfeindliche Fehlanreize. Die folgenden Rechenbeispiele verdeutlichen die Relevanz dieses Anliegens und zeigen, dass sich eine zusätzliche Stunde Arbeit oder ein erhöhtes Arbeitspensum nur noch bedingt lohnen:

Beispiel 1 – Familie mit drei Kindern im Vorschulalter

Ein Ehepaar mit drei Kindern im Vorschulalter bespricht, wie es inskünftig Familienarbeit und Erwerbstätigkeit vereinbaren soll. Beide verdienen bei einem Vollzeitpensum 7'000 Franken pro Monat und haben Anspruch auf 13 Monatslöhne pro Jahr. Wenn nicht jemand von ihnen zuhause ist, muss die Kinderbetreuung durch die lokale KITA gewährleistet werden – die Grosseltern wohnen zu weit weg.

Das Ehepaar rechnet alles durch, bevor es sich für die Festlegung eines gemeinsamen Arbeitspensums entscheidet. Und stellt verwundert fest: Mehr zu arbeiten lohnt sich kaum! Mit zunehmendem Pensum steigt wohl das Bruttogehalt schrittweise von 91'000 (100%) auf 182'000 (200%). Das Familieneinkommen steigt jedoch nur leicht an. Die Kita-Kosten steigen überproportional an, die Steuern ebenfalls, die Prämienverbilligungen fallen weg und die Sozialversicherungsbeiträge runden die «Arbeitsstrafe» auch noch ab.

Bild: zVg

Beispiel 2 – Familie mit drei Kindern in Ausbildung

Ein Ehepaar mit drei Kindern in Ausbildung (Universität, Gymnasium, Sekundarschule) bespricht, in welchem Pensum sie künftig einer Erwerbstätigkeit nachgehen wollen. Beide verdienen bei einem Vollzeitpensum 7'000 Franken pro Monat und haben Anspruch auf 13 Monatslöhne pro Jahr. Das Ehepaar rechnet alles durch, bevor es sich für die Festlegung eines gemeinsamen Arbeitspensums entscheidet.

Und stellt verwundert fest: Mehr zu arbeiten lohnt sich kaum! Mit zunehmendem Pensum steigt wohl das Bruttogehalt schrittweise von 91'000 (100%) auf 182'000 (200%). Das Familieneinkommen steigt jedoch nur leicht an. Die Steuern steigen überproportional an, die Prämienverbilligungen fallen weg, die Stipendienansprüche ebenfalls und die Sozialversicherungsbeiträge runden die «Arbeitsstrafe» auch noch ab.

Bild: zVg

Bei den vorliegenden Beispielen handelt es sich um Berechnungen, die in vereinfachter Form mit Hilfe allgemein zugänglicher Informationen (IPV-Rechner der SVA St.Gallen, Tariflisten, Wegleitung Stipendien) durchgeführt wurden. Abweichungen bei den absoluten Werten sind möglich. Alle Angaben ohne Gewähr.

Fazit

Familien, Paare und Einzelpersonen stellen sich heutzutage immer öfter die Frage, in welchem Pensum sie arbeiten sollen. Unser Wohlstand und unsere heutigen Lebensmodelle erlauben es nämlich zunehmend, das Arbeitspensum freiwillig zu reduzieren und damit die persönliche Einkommens-, Abgaben- und Freizeitsituation zu optimieren. Daran ist nichts auszusetzen, soweit nicht die Allgemeinheit für diesen individuellen Entscheid aufzukommen hat und Arbeitswillige durch systematische Fehlanreize ausgebremst werden.

Monika Bütler, Wirtschaftsprofessorin an der Universität St.Gallen, hält hierzu in einem Interview mit der NZZ im März 2023 richtigerweise fest: 'Unser Steuer- und Transfersystem ist ausgelegt auf Menschen, die Vollzeit arbeiten, wenn sie keine Kinder haben, und auf Familien, bei denen nur ein Elternteil in einem hohen Pensum arbeitet. Und daran sind auch die Sozialleistungen, also beispielsweise die Schwellen für Subventionen, ausgerichtet. In einem optimalen Steuersystem müsste eigentlich die gesamte Leistungsfähigkeit, einschliesslich der Freizeit, berücksichtigt werden.'

Mit dem vorliegenden Postulat sollen genau diese Fehlanreize systematisch analysiert und passende Gegenmassnahmen ausgearbeitet werden. Die FDP ist überzeugt: Arbeit muss sich wieder lohnen! Dafür braucht es jedoch eine Überarbeitung des heutigen Steuer- und Transfersystems. Die Überweisung des Postulats durch den Kantonsrat wäre hierzu ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung.»

pd/jos
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