Proteste mit besetzten Unis oder Strassenblockaden durch Klimakleber: Von derlei Aktivitäten für eine zukunftsfähige Gesellschaft ist Valerio Ciriello nicht überzeugt. Vielmehr sei zu beobachten, dass Aktivisten nach einer gewissen Zeit ermüden oder frustriert aufgeben.
Der Jesuit und Hochschulseelsorger sieht andere Wege, um die Welt zum Guten zu verändern. Diese hat er am Donnerstagabend im Katharinensaal in St.Gallen vor 100 Gästen dargelegt. Seine Kernaussauge: «Der Kopf alleine genügt nicht, wir müssen uns in unseren Herzen berühren lassen.»
Konsumsystem hinterfragen
Die Veränderung beginne beim Perspektivenwechsel. Valerio Ciriello hinterfragt dabei fundamental das westliche System. Die Leute darin seien gefangen in dessen eigenen Denkweise. Diese betrachte den Westen als die gute Seite, die in anderen Ländern Frieden stifte und Demokratie fördere. Dabei sieht Ciriello einen eklatanten Widerspruch: «Wir führen Kriege im Namen der Menschlichkeit.» Und dies sogar in Ländern, die man zuvor ausgebeutet habe oder weiter ausbeuten wolle.
Das westliche System mit seinem Drang und Zwang nach Konsum verdränge den humanitären Geist. Er halte allerdings keine Moralpredigt, «die hat noch nie weitergeholfen». An diesem Vortrag gehe es viel eher darum, die Zuhörer aufzurütteln. Damit sie einen hoffnungsvollen Weg einschlagen könnten.
Die kleinen Schritte zählen
Ciriello, der vor seinem Eintritt in den Jesuitenorden als Jurist bei der «Finma» gearbeitet hat, sieht die Lösung in kleinen Schritten. Ganz wichtig dabei sei, die Problemlösungen in Beziehungen anzustreben. Die Menschen müssten sich austauschen, sich auf Augenhöhe begegnen und vor allem: «die Menschen sollten nach ihren Herzen urteilen, nicht nach Status oder Herkunft».
Für eine Veränderung brauche es nicht nur Wissen, also den Kopf. Es brauche ein Zusammenspiel mit Kopf, Herz und Händen. Nur so sei eine Transformation hin zu einer zukunftsfähigen Welt möglich. Ciriello nennt sein Konzept auch: «Die Revolution im Herzen.»
Auftakt ins Jubiläumsjahr
Zum Vortrag mit Valerio Ciriello haben die christliche Sozialbewegung KAB und die ökumenische Kommission GFS geladen. Der jährlich stattfindende Ethik-Talk war für die KAB dieses Mal eine Art Auftakt ins Jubiläumsjahr.
Die Bewegung feiert heuer ihr 125-jähriges Bestehen. Sie ist im Januar 1899 in der Dompfarrei St.Gallen entstanden und war über Jahrzehnten in vielen Deutschschweizer Kantonen ein wichtiger Akteur des katholischen Milieus. Die Jubiläumsfeier mit einem illuster besetzten Podium findet am 7. September im Pfalzkeller statt.